Zweite sichert Klassenerhalt bei Caissa


Betrifft Mannschaft: 2. Mannschaft (Schwabenliga II Nord)

Ein Besuch bei unserem letzten Gegner erinnert mich immer an meine schachlichen Anfangsjahre in Kriegshaber: Eine etwas ältere, knarrende Holztreppe führt in Räumlichkeiten, in deren Toilette eine Flasche mit Handspülmittel als Seife dient. Besonders an Sonntagmorgen dringt gedämpftes Glockengeläut einer Kirche herein, und der bunt zusammengewürfelte Haufen von teilweise übernächtigten und verkaterten Mitgliedern scheint am Schachspielen ebenso wie am Politisieren, Rauchen und anderen sozialen Aktivitäten interessiert zu sein.

Wenn ich nicht mit eigenen Augen gesehen und im Ligamanager gelesen hätte, daß am ersten Brett Felix mit Weiß gespielt hat, müsste ich gemäß des von ihm zurückgelassenen Partieformulars davon ausgehen, daß sich "ich" als Weißer und "er" als Schwarzer gegenübergesessen haben. "Er" eröffnete in einer Art, die Christoph Hahn Freude gemacht hätte, opferte die Dame gegen Turm und Figur und versuchte, Felix' König Ungemach zu bereiten. Mit Details kann ich nicht dienen, außer daß sich Felix' Mehrmaterial durchsetzte. Im Annapam fand die Analyserunde einen Weg, der für "ihn" zu Vorteil hätte führen können, aber ohne Chipunterstützung ist solchen Ergebnissen in derartigen Stellungen kaum zu trauen.

Johannes' Gegner am zweiten Brett hatte während der Partie mit seiner Gastroperistaltik zu kämpfen, und so führte er die Partie entgegen seines normalerweise kreativen Angriffstils relativ zügig in ein nur leicht vorteilhaftes Endspiel. Dort waren seine beiden Springer nicht in der Lage, Johannes' Läuferpaar in einer geschlossenen Stellung zu überreiten, und so gab es hier bald ein Remis.

Neben mir ging Helmuts Gegner am Königsflügel forsch voran und sah sich wie im Lehrbuch mit einem Gegenschlag im Zentrum konfrontiert. Die Mitte öffnete sich aber nicht richtig, und so rochierte er lang weg und versuchte weiter, gegen Helmuts König vorzugehen. Irgendwann hatte Helmut einen Bauern mehr und piesackte die schwarze Dame, bis dann des Gegners Blättchen fiel. Was sich genau abgespielt hat, weiß ich nicht, auch im Annapam wurde diese Partie ausgeblendet.

Daß Doktorentitel kein Garant für gutes Schach sind, zeigte sich in meiner Partie am fünften Brett. Nach ungefähr zehn Zügen stand ich schon verdächtig, nach fünzehn Zügen fing ich an, Grundreihentetris zu spielen, und nach zwanzig Zügen war meine Stellung wohl verloren. Mit zwei Minusbauern fing ich zu fudeln an und holte auf materiellen Gleichstand auf. In der Schlußstellung wäre ich derjenige gewesen, der auf Gewinn hätte spielen können, aber ich wollte das Schicksal nicht herausfordern und wiederholte die Züge. Allgemein gibt mein Spiel in dieser Saison Anlaß zu ernster Sorge; abgesehen von der erste Runde war ich laut Computer in jeder Partie zwischendurch mit mindestens einer Bauerneinheit im Nachteil. Nach dem Gesetz der großen Zahl könnte es zu einem späteren Zeitpunkt wieder besser werden.

Peter an Brett fünf verwies auf seine kräftigen Oberschenkel, als ich immer, wenn er zwischen der Wand und meinem Stuhl an seinen Platz wollte, Gefahr lief, mit meinem Oberkörper meine Grundreihe abzuräumen. Seine Eröffnungsbehandlung würde selbst ich mit Attributen wie anspruchslos oder zurückhaltend beschreiben, und so fühlte sich sein Gegner zu einem zentralen Befreiungsschlag provoziert. Die Idee war gut, die Ausführung aber schlecht, und so kam Peter zu einem, dann zwei und drei Mehrbauern. Diese rückten langsam aber sicher nach vorne und drückten den Gegner, der anschließend seinen Schmerz im Annapam mit Bier, Schnitzel und Pommes betäubte, vom Brett.

Die erste beendete Partie des Tages war die von Bruno am sechsten Brett. Ein quer auf h1 und g1 liegender, mit dem Kreuz noch über die Grundreihe hinausragender weißer König, eine weiße Dame auf e2 und ein schwarzer, auf g3 befindlicher Springer ließen das geschehene Drama erahnen.

Als ich bei Viktor am siebten Brett zum ersten Mal zusah, dachte ich, die Partie wäre schnell vorüber. Ein klassisches Läuferscheinopfer auf f7 schien Viktor großen Vorteil zu geben; bei genauerem Hinsehen bekam der Schwarze aber gehörig Spiel und zumindest praktische Kompensation. Viktor schaffte es auf mir unbekannte Weise, in ein vorteilhaftes Endspiel zu gelangen, und mit der Geduld eines Juristen führte er dieses dann zum Sieg.

Anders als in der Sage behielt am letzten Brett Laios die Oberhand über Ödipus. Lothar erwirtschaftete sich in einer schwerblütigen Stonewallstellung einen Mehrbauern, den er bis ins Bauernendspiel behielt. Bei einem kurzen Blick dachte ich zuerst, die Stellung sei remis, da beide Seiten über einen gedeckten, jeweils den gegnerischen König im Zaum haltenden Freibauern verfügten. Nachdem Lothar sich dann zwei weit voneinander entfernte Freibauern verschafft hatte, war der König des Gegners überlastet und wanderte zurück in die Kiste.

Wenn der aufmerksame Leser die Punkte addiert, wird er auf ein 7:1 von Kriegshaber II über Caissa I kommen. Das sichert uns den Klassenerhalt, stürzt die Caissaner aber tief in den Abstiegskampf. Ich persönlich wünsche ihnen dabei viel Erfolg und hoffe, sie nächstes Jahr wiederzusehen. Einen Bericht mit Liebe zum schachlichen Detail gibt es hier.


Autor dieser Meldung:Viktor Kaiser
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Kommentare zu dieser Meldung:

Name und ZeitpunktKommentar
Lothar schrieb am 24.02.2017 gegen 18:01 Uhr Ein schöner Bericht, danke!


Der vorliegende Bericht ist älter als ein Jahr und kann daher nicht mehr mit Kommentaren versehen werden!
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