Nachdem wir mehrfach gute Möglichkeiten hatten, in diversen Kämpfen Mannschaftspunkte einzusammeln, diese aber regelmäßig liegengelassen haben, kam es nun gegen Röhrnbach zum High Noon. Und Kämpfe gegen Mitabstiegsgefährdete zählen ja bekanntlich doppelt.
Röhrnbach, oftmals nur mit einer Rumpfmannschaft oder nicht vollständig antretend, stellte wie erwartet ein bärenstarkes Team auf – beste Besetzung der Saison bisher. Klar, auch für sie geht es um die Wurscht.
Und wir? Wir waren ausgerechnet bei diesem Kampf ersatzgeschwächt. Und das deutlich. So kam aber Maxi Kling zu einem Einsatz in der Ersten. Nachdem er schon mehrfach in der Oberliga ausgeholfen hatte, ist die Landesliga für ihn ja auch kein Problem. Zudem konnten wir Helmut Schönau „überreden“, zu spielen. Doch irgendwie müssen wir die Schachgöttin Caissa verärgert haben. Ausgrechnet in der Nacht auf Sonntag war Schnee angesagt – bei einem Auswärtsspiel an der tschechischen Grenze, also „far far away“. Aber 3-6 cm Schnee laut Wetterbericht, also eine Kleinigkeit. Da fünf von uns am Tag vorher anreisten und übernachteten, gab es keinen Fahrer ab Augsburg. Vadim und Maxi mussten daher per Zug zu mir nach Mammendorf kommen.
Per Zug? Mit der deutschen Bahn? Als braver Beamter vertraue ich ja meinem Staat, aber die Bahn wurde ja privatisiert. Aber irgendwie geht man davon aus, dass mal ne Verspätung passiert, aber Zugausfall? Jedenfalls stand ich pünktlich um 7.30 Uhr am Gleis – aber es kam kein Zug. Dafür eine Ansage, dass es zu erheblichen Störungen des Bahnverkehrs komme. Züge aus München hätten 20 Minuten Verspätung, der Zug aus Augsburg falle aus. Na toll! Nach Augsburg fahren und dann zurück nach Osten geht nicht – dann wären wir nach 11 Uhr am Brett. Also zu sechst spielen, ohne Vadim und Maxi?
Panik machte sich bei mir breit… Was ich aber nicht ahnen konnte: die deutsche Bahn schafft es nichteinmal richtige Durchsagen zu produzieren. Der Zug fiel nicht aus, sondern hat (warum auch immer) außerplanmäßig nicht in Mammendorf gehalten. Maxi und Vadim saßen im Zug und der Bahnhof, an dem sie aussteigen sollten, rauschte an ihnen vorbei.
Als das geklärt war, bin ich halt nach Pasing gefahren. Aufgrund der Schwierigkeit, ein Bisserl Schnee wegzuräumen, war der Autobahnzubringer spiegelglatt und die A8 in Richtung München vereist. Auf der A99 stand dann ein LKW quer… Also nach Pasing und mit deutlicher Verzögerung los in Richtung Röhrnbach. Kurioserweise war dann ab Deggendorf die Autobahn frei vom Schnee und in Röhrnbach selbst (und den Bundesstraßen nach Röhrnbach) lag auch gar nichts – alles frei. Durchatmen und mit deutlicher Verspätung ab ans Brett.
Bei mir war’s völlig egal, da ich eine Theorievariante auf’s Brett bekam, die ich sehr genau kenne, während mein Gegner nur ein / zwei Pläne kannte, aber keine konkreten Zugfolgen. Ergo habe ich dank des Aufschlags bei jedem Zug etwas auf die Uhr bekommen und er musste in den ersten zehn Zügen einen recht großen Teil seiner Bedenkzeit verbrauchen. Dass er die taktischen Verwicklungen übrhaupt am Brett durchrechnen konnte und recht lange der Buchvariante folgte, zeigt die spielerische Stärke meines Gegners deutlich auf. Und gerade, als sich der Rauch verziehen wollte und eine ziemlich friedliche Stellung das Ergebnis verrückt anmutender Züge gewesen wäre, verlor er den Faden. Ein suboptimaler Zug erfolgte, dann ein zweiter – und schon hatte ich eine Stellung und einen Bauern mehr. Ich hatte ja genug Zeit, die Stellung in aller Ruhe zu spielen, während mein Gegner gegen die gnadenlose Uhr ankämpfen musste. Er hatte aber keine Chance mehr – Start-Ziel-Sieg.
Vadim hatte ja das gleiche „Problem“ wie ich, also Zeitnachteil. Vadim ließ sich davon aber nicht stören. Er tauschte früh einen Läufer gegen den Springer auf f6 – das alte Thema: Strukturschwäche (Doppelbauer auf der f-Linie) versus Läuferpaar. Die Stellung entwickelte sich, Vadim machte einfach natürliche Züge und verbrauchte daher wenig Zeit. Es sah erst nach einer langwierigen Positionspartie aus – doch als ich später wieder ans Brett schaute, hatte Vadim einen taktischen Schlag ausgeführt, der sehr gut aussah. Es dauerte nur wenige Züge, dann gab sein Gegner auf. So macht man das also gegen einen “2350er“ – normale Züge machen, nicht zu viel Zeit investieren, dann ausholen und draufhauen und den Punkt holen. Klingt einfach, klappt aber bekanntlich nicht immer…
Der Dritte im Bunde der zu spät Gekommenen, Maxi, hatte allerdings den Nachteil, schwarz zu haben. Mit weiß kann man leichter die Variante bestimmen und Theorie runterrattern. So wurde er direkt in der Eröffnung angesprungen. Es sah erst gefährlich aus, dann sehr gefährlich, dann kam ein thematisches Qualleopfer, um den König zu belüften und dann wurde nachgesetzt. Kurz gesagt: Maxi stand völlig pleite. Aber ist die Stellung ruiniert, spielt sich’s plötzlich ungeniert. Maxi hielt gegen und schaffte es, dank der Mithilfe seines Gegners bzw. eines Lapsus‘ des Gegners, die Dame zu tauschen. Und schon war der Angriff Geschichte und Maxi hatte eine Qualität mehr.
Andi spielte gegen einen Gegner, der bis dahin einen Riesenscore erzielt hatte und entsprechend mit Selbstvertrauen und Rückenwind antrat. Andi hat in der Eröffnung früh ausgeglichen, wobei dieser dynamischer Natur war – Zentrumskontrolle vs. Doppelbauer. Als Andi die Spannung löste und im Zentrum einen Bauern vorschob, war die Kontrolle gesichert, der Doppelbauer dafür fast ein gefühlter Minusbauer. Insgesamt aber alles sich kompensierend. Die Partie endete schließlich remis. Zu dem Zeitpunkt hatten Vadim und ich unsere Partien beendet und es stand folglich jetzt schon 2,5 : 0,5 für uns.
Den nächsten vollen Punkt holte dann Thomas. Sein bekannt starker Gegner scheint Flankeneröffnungen nicht so sehr zu mögen. Letztes Jahr habe ich ihn mit meinem „Spezialsystem“ mit schwarz ausgenockt und jetzt spielte Thomas ein Doppelfianchetto mit weiß. Solche Stellungen sind oft wie Kaugummi, schwarz weiß nicht so recht, was er tun soll (gut, weiß manchmal dann auch nicht). Und wird schwarz zu aufmüpfig, ergeben sich oft Gelegenheiten, das auszunutzen. Das erinnert an Beamtenmikado – wer sich zuerst bewegt, verliert. Thomas‘ Gegner bewegte sich und erzeugt so eine kleine Schwäche, die Thomas jetzt auf’s Korn nehmen konnte. Er erhöhte den Druck stetig und sackte den Punkt ein. 3,5 : 0,5.
Ein fast perfekter Spielstand. Dazu eine Partie mit Mehrqualität…
Denis Partie habe ich am wenigsten mitbekommen. Er spielte zwar neben mir, aber wir hatten große Tische und viel Platz und er war vorne im Eck vom Raum. Was ich erst sah, war eine spannende, taktische Partie. Der Gegner hatte virtuell zwei Bauern geopfert, um Denis‘ Stellung aufzuweichen. Sowas kann aber auch schiefgehen. Als ich dann später wieder in die Nähe kam, hatte sich eine allerdings für Denis schwierige Position ergeben – sah nach verlorenem Endspiel aus. Schließlich ergab sich ein Turmendspiel mit ein bis zwei Minusbauern und zwei verbundenen Freibauern für den Gegner. Sah sehr nach „keine Chance“ aus und so war es dann auch. Nur noch 3,5 : 1,5.
Helmut an Brett sieben spielte eine gewohnt solide Partie und kam in eine dynamische, wohl ziemlich ausgeglichene Mittelspielstellung, die aber beiden Seiten Raum für Spiel ließ. Da war also noch alles möglich. Da der Gegner aber gewinnen musste, hätte es gut sein können, dass dieser überzieht und die Partie dann sogar wegwirft. Oder er schafft es, Druck zu entwickeln und Helmuts Stellung zu knacken.
Michaels Partie war lange Zeit sehr ausgeglichen und tröpfelte so vor sich hin. Schließlich erzeugte Michael eine Asymmetrie (er: Läufer, Gegner: Springer, wobei fast alle Bauern auf der Farbe des Läufers waren), die mir eher Sorgen machte. Dafür bekam er etwas Spiel. Für mich schwer zu beurteilen. Später entwickelte sich das dann zu einer völlig ausgeglichenen Endspielstellung (Computer würden 0,00 angeben). Hätte Maxi mit der Qualität mehr einfach nur auf Halten gespielt – in dem Bewusstsein, dass Michael einen halben Punkt sicher hat, hätten wir ohne zu zittern dem Sieg entgegensehen können. Es fehlte ja nur ein Brettpünktchen. Leider hat Maxi seinen Gegner dann die Möglichkeit gegeben, einen Freibauern vorzuschieben und wurde dann trotz Mehrqualle überspielt. Etwas mehr Matcherfahrung und das passiert nicht mehr. Jedenfalls ging die Partie verloren, weshalb es jetzt nur noch 3,5 : 2,5 stand. Die Gegner holten auf.
Michael hätte per Figurenopfer die beiden letzten Bauern seines Gegners abholen können und dann mit zwei verbundenen Bauern gegen den Springer spielen können. Dann wäre das 4:4 schonmal bombensicher gewesen. Aber wer cool ist und Endspieltechnik besitzt, der spielt auch bei 2 gegen 2 Bauern auf einem Flügel mit Läufer gegen Springer, da der Springer etwas abgedrängt war. Am Ende wurde das dann ein Endspiel Läufer plus Bauer gegen Springer – also auch todsicher verlustfrei mit Chancen. Ich hatte es als gewonnen angesehen (und nicht nur ich), es gab aber bis fast zum Schluss Remiswege für den Gegner, die man aber erstmal sehen muss. Es war sehr unbequem für ihn zu spielen. Parallel wurde Helmuts Stellung Stück für Stück schlechter.
Letzten Endes konnte es Michaels Gegner nicht halten, wurde klassisch austempiert und gab den Punkt an. 4,5 Punkte – geschafft!
Helmut spielte in aller Ruhe weiter, gab dann im Turmendspiel, das sich ergab, einen Bauern her und spielte mit zwei gegen einen Bauern, wobei der Mehrbauer ein entfernter Freibauer war. Prinzipiell wohl sicherlich eine Remisstellung –also das, was am Brett stand – aber Remisstellung ist nicht gleich remis. Dank seiner Ruhe und Technik war es dann aber wirklich kein Problem und Helmut steuerte noch einen halben Punkt bei.
Amtliches Endergebnis:
5 : 3
Nachdem auch Ingolstadt verloren hat, sind wir jetzt auf dem drittletzten Platz. Als nächstes kommt Gröbenzell zu uns nach Augsburg als Saisonabschluss. Röhrnbach und Ingolstadt hingegen spielen gegen den Tabellenersten bzw. –zweiten, also gegen die beiden Mannschaften, bei denen es noch um den Aufstieg geht. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich da beide eine Niederlage einfangen, ist sehr hoch. Verlieren wir gegen Gröbenzell, was durchaus möglich ist (wir haben bisher immer verloren, was aber nicht in Stein gemeißelt ist), müsste Ingolstadt gewinnen, um uns zu überholen (Brettpunkte!). Um aus eigener Kraft den Abstieg zu 100% zu vermeiden, bräuchten wir ein 4:4 gegen Gröbenzell. Es bleibt also spannend, aber wir sind einen großen Schritt nach Vorne gekommen.
Hier die Einzelergebnisse und die Statistik:
3 | SV Röhrnbach 1 | DWZ | ELO | - | SK Kriegshaber 1 | DWZ | ELO | 3 - 5 |
1 | 2 | Havlik, Jan | 2314 | 2398 | - | 1 | Lavrinenkov, Vadim | 2228 | 2249 | 0 - 1 |
2 | 3 | Stadler, Alexander | 2091 | 2073 | - | 2 | Bintakies, Michael | 2199 | 2166 | 0 - 1 |
3 | 4 | Lautner, Josef | 2166 | 2222 | - | 3 | Hahn, Christoph, Dr. | 2126 | 2150 | 0 - 1 |
4 | 5 | Eckerl, Uwe | 2094 | | - | 5 | Wiegner, Denis | 2155 | 2166 | 1 - 0 |
5 | 6 | Knechtel, Roland | 2161 | 2252 | - | 6 | Reis, Thomas | 2168 | 2193 | 0 - 1 |
6 | 7 | Schmid, Franz | 2105 | 2176 | - | 11 | Stör, Andreas | 2124 | 2185 | ½ - ½ |
7 | 8 | Lipok, Erik | 2088 | 2108 | - | 13 | Schönau, Helmut | 1999 | 1947 | ½ - ½ |
8 | 11 | Swoboda, Philipp | 2000 | 1979 | - | 18 | Kling, Maximilian | 1783 | 1810 | 1 - 0 |
Schnitt: | 2127 | 2172 | - | Schnitt: | 2097 | 2108 | |
Rang | Mannschaft | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | MPkt | BPkt |
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1. | SC Garching 2 | ** | 4½ | 5 | 4 | 4 | 4 | 4½ | 5 | 5½ | | 13 - 3 | 36,5 - 27,5 |
2. | TSV Haunstetten 1 | 3½ | ** | 4½ | 5 | 4 | 4½ | 4 | 5 | | 5 | 12 - 4 | 35,5 - 28,5 |
3. | SC Rottal-Inn 1 | 3 | 3½ | ** | 5 | 4 | | 5½ | 4½ | 5½ | 5½ | 11 - 5 | 36,5 - 27,5 |
4. | SC Gröbenzell 1 | 4 | 3 | 3 | ** | 5 | 5½ | 4½ | | 6 | 5 | 11 - 5 | 36,0 - 28,0 |
5. | SC Tarrasch München 1 | 4 | 4 | 4 | 3 | ** | 4 | | 4½ | 5½ | 4 | 9 - 7 | 33,0 - 31,0 |
6. | SC Dillingen 1 | 4 | 3½ | | 2½ | 4 | ** | 4 | 5½ | 2 | 4½ | 7 - 9 | 30,0 - 34,0 |
7. | SC Unterhaching 1 | 3½ | 4 | 2½ | 3½ | | 4 | ** | 4½ | 3½ | 4½ | 6 - 10 | 30,0 - 34,0 |
8. | SK Kriegshaber 1 | 3 | 3 | 3½ | | 3½ | 2½ | 3½ | ** | 5 | 6½ | 4 - 12 | 30,5 - 33,5 |
9. | SV Röhrnbach 1 | 2½ | | 2½ | 2 | 2½ | 6 | 4½ | 3 | ** | 2½ | 4 - 12 | 25,5 - 38,5 |
10. | SK Ingolstadt 1 | | 3 | 2½ | 3 | 4 | 3½ | 3½ | 1½ | 5½ | ** | 3 - 13 | 26,5 - 37,5 |