Nachdem ich von der Turnierleitung endlich die Erlaubnis erhalten hatte, nach Spielstärke aufzustellen - Vadims fehlende DWZ stand dem ursprünglich im Wege; Begrenzung des Spielstärkeunterschieds -, nahm ich noch die letzte erforderliche Veränderung vor, sorgte ausgerechnet damit, dass die Mannschaft nominell die schwächste ist, und bescherte unseren Kindern das Freilos in der ersten Runde! Eine wahre Meisterleistung, Herr Vuckovic!

Der Grund, dass das Freilos einem vor allen Dingen am Anfang auf keinen Fall zufallen sollte, ist der, dass man einfach später als alle anderen Gegner ins Turnier einsteigt und man damit hinsichtlich der Anfangsnervosität, der "Turnierluft" und der Erfolgserlebnisse ständig hinterherhinkt.
Um unsere Mannschaft aber nicht allzu sehr ins Hintertreffen geraten zu lassen, entschloss ich mich trotz des Freiloses, Dienst nach Vorschrift walten zu lassen. D.h. um 7.15 Uhr mussten die Kinder aufstehen, duschen und frühstücken. Anschließender Aufbruch zum Turniersaal, der wirklich gerade einmal vier Minuten Fußweg entfernt ist, um dann Punkt 9.00 Uhr im Uhrenhandicap - Abbau der Anfangsnervosität und bessere Handhabe der Bedenkzeit - gegen mich anzutreten.
Zu meinem Erstaunen musste ich feststellen, dass ich wohl doch nicht alles verständlich genug vermittelt hatte, denn in den Partien wurden Züge und Pläne als selbstverständlich empfunden, die ich so sicherlich nie empfohlen hatte!
Doch ungeachtet dessen war der SKK nach der ersten Runde mit 2:0 MP und 4:0 BP Tabellenführer, auch wenn mir schon schwante, dass der heutige Tag noch ein böses Ende nehmen würde!

Zur zweiten Runde mussten wir gegen den SK Langen aus Hessen antreten, der im Gegensatz zu uns regulär mit 4:0 gewonnen hatte. Eigentlich war die Ausgangslage nicht einmal so schlecht, denn die Hessen traten mit stolzgeschwellter Brust gegen das nominell schwächste Team an, das bis dato nichts gezeigt hatte. Eine gute Voraussetzung, um diese Gegner auszukontern. Eigentlich!!
Denn die aufgestellten Spieler gaben sich überwiegend die größtmögliche Mühe, meine Worte und Ratschläge Lügen zu strafen, so als gäbe es nichts, was mehr Spaß machen könnte.
Tamara war mit Schwarz nach 1. e4 c5 2. b4?! komplett "out of book", verschmähte nahezu alle Eröffnungsprinzipien und manövrierte sich in Rekordzeit (2Min) und -züge (ACHT) in eine Verluststellung.
Vadim wollte unserer kleinen Lady natürlich in nichts nachstehen, zog rasch, entwickelte seine Figuren irgendwie und als er erkannte, dass die ganze Aktion wohl nicht ganz durchdacht war - in drei Minuten ist das auch recht schwer -, da entschloss er sich zum Abtausch um jeden Preis, was ihm binnen weniger Züge ebenfalls eine Verluststellung einbrachte.
Am Spitzenbrett zeichnete sich Sascha mit Weiß dadurch aus, dass er nach 1. e4 e5 2. Sf3 d6!!!! das Rad, aehm das Schachspiel neu erfinden musste, versuchte krampfhaft in die Italienische Partie zu münden und flog letztlich ziemlich klar auseinander!
Bliebe noch mein chronisch unausgeschlafener Chris als Hoffnungsträger! Bei ihm kam seine beliebte Französische Verteidigung aufs Brett, wobei ihm der Gegner ein Bauernopfer anbot, das Chris aufgrund seiner Erfahrungen in der Vergangenheit ablehnte. Er spielte stattdessen streng nach Plan, durfte den starken weißfeldrigen Läufer des Gegners abtauschen, durfte es sich auf dessen zweiter Reihe bequem machen und lehnte pflichtbewusst ein Remisangebot des Gegners ab. Die logische Folge war natürlich, dass auch er verlor!
Somit endete unser "Einstieg" ins Turnier mit 0:4, wobei ich davon ausgehe, dass das heute nur ein Betriebsunfall war. Sollten sich Betriebsunfälle dieser Art häufen, wir also die Runden drei und vier auf eine ebensolche Art verlieren, so wird ab der fünften Runde Markus den Posten des Trainers übernehmen und ich werde an seiner statt ständig in die Apotheke rennen!!!

Nun muss für eine gewisse Ablenkung gesorgt werden, wir wollen uns schließlich nicht in Selbstmitleid und Selbstkritik suhlen, es wird die Trost-Schokolade ausgepackt, vernascht und anschließend werden wir uns bei einer Runde Tischtennis den Frust von der Seele spielen! So, genau!!