Erste Mannschaft schlägt Tarrasch München mit 5:3

Ein Bericht von Christoph Hahn

Tarrasch war in den letzten beiden Jahren ein willkommener Gegner. Schließlich hatten wir beide Begegnungen mit 6:2 gewonnen. Vor einem neuen Kampf steht es aber 0:0 und die Karten werden neu gemischt.

Ich musste feststellen, dass ich meine E-Mails aufmerksamer lesen muss. Ich habe nur auf die Absender und die erste Zeile geschaut, dass auch alle mit an Board sind und wir wieder in Bestbesetzung antreten. Dass Tarrasch das Spiellokal gewechselt hat, habe ich natürlich nicht mitbekommen. Ich habe am Abend vorher nur noch mal auf die Aufstellung des Gegners geschaut und dort das alte Lokal gelesen. Nun, dann stand ich Punkt 10 Uhr vor verschlossenen Türen.

Naja, durch Telefonieren, im Internet recherchieren Lassen und dann an den richtigen Ort Fahren habe ich 20 Minuten verloren. War aber kein Problem, da ich in einer meinen Leib- und Magenvarianten landete und Theorie konnte – im Gegensatz zu meinem Gegner. Er wählte ein suboptimales Abspiel und ich hatte Vorteil (nicht nur gefühlt, sondern sogar „blechdeppgeprüft“, sprich Rybka war gleicher Meinung). Ich schnappte mir dank weiterem suboptimalen Spiels einen Bauern und wollte jetzt kein Risiko mehr eingehen. Laut Blechdepp hätte ich’s aber machen sollen – sprich trotz Dame ohne Felder am Damenflügel Raum sichern, dann eine Qualle opfern, um die Dame zu retten, um dann in einer Gewinnstellung zu landen (Qualle für zwei bis drei Bauern und Druckstellung bei Zugluftkönig des Gegners.

Ich wählte die ruhige Abwartetaktik und wollte den Bauern irgendwann gefühlte 50 Züge später verwerten. Dafür stand ich passiv und der Gegner hatte einen sehr guten Springer...

Am Nebenbrett beobachtete ich Felix, der mit den schwarzen Steinen gegen eine selten gespielte Eröffnung meiner Meinung nach sehr schnell sehr bis extrem breit stand. Nachdem er eine Qualle gespuckt hat, der Gegner aber immer noch zudem die bessere Stellung mit starken Läufern hatte, kamen mir ernste Zweifel, ob Felix diesmal raus kommt. Als dann die zweite Qualle weg war, habe ich die Null in Gedanken abgehakt.

Michael spielte heute sehr aktiv (mit Weiß) und hatte eine Figur ins Geschäft gesteckt. Erst sah es so aus, als wäre es ein Scheinopfer, dann war die Figur aber wirklich weg… Ich weiß nicht, ob Michael auch an ein Scheinopfer dachte und sich verrechnet hat – oder ob es so beabsichtigt war. Jedenfalls habe ich nichts Konkretes für den Gaul gesehen, der plötzlich weg war.

Pauls Gegner tauschte sehr früh die Damen (wie sagt man manchmal – es gibt auch langweilige Eröffnungsvarianten). Nutze aber nichts – Paul machte Druck und seine Stellung wurde immer besser.

Andi hatte eine sehr asymmetrische Stellung. Sein König blieb im Zentrum, der Gegner griff am Königsflügel an, dafür konnte Andi am Damenflügel abräumen und hatte dort einen Freibauern mehr. Irgendwie gefiel mir die Stellung dann – wobei Andi auf Drohungen aufpassen musste. Unklar, fand ich dann.

Frank hatte an meiner Rechten mit Schwarz gegen den Ex-SKKler Daurer eine ausgeglichene bis leicht schlechtere (?) Stellung, spielte aber zäh und schon einen Bauern im Zentrum zum gedeckten Freibauern durch, der aber blockiert wurde. Wenn dessen Wurzel angegriffen wird, kann er sehr schwach werden. Wenn Frank aber den Damenflügel dicht halten kann, wer weiß?

Und unsere Spitzenbretter? Helmut stand meines Dafürhaltens mit Weiß etwas besser und versuchte, den Vorteil Stück für Stück auszubauen. Im Endspiel hätte sein Gegner aber einen guten Läufer… irgendwie war wohl noch alles offen.

Alex erspielte sich mit Schwarz Ausgleich und stand meines Erachtens grundsolide. Im Kopf zählte ich die beiden als remis, Felix und Michael als zweimal Null, meine als Punkt… macht irgendwie 1:2… Wenn nicht Paul als erster einen Punkt eingefahren hätte. 1:0 für uns und in Gedanken 2:2.

Meine Partie war aber wegen meines Nichttrauens, die Qualle zu geben, plötzlich wieder unklar. Den Bauern hatte ich zwar, aber ich stand sehr passiv. Ich hatte zwar viele Pläne, mich zu aktivieren und meinen Springer von a3 wegzubekommen, aber der Gegner spielt ja auch mit… Allerdings fiel ihm irgendwie nichts mehr ein und er verschenkte mehrere Tempi, die ich nutzen konnte. Die Sache wurde plötzlich einfacher für mich (wobei schwarz schon genau spielen musste, um die Partie langfristig zu halten). Als er sich dann noch weigerte, die letzte Leichtfigur zu tauschen (er hatte einen Monsterspringer und wollte ihn nicht gegen meinen Passivling hergeben), machte er aus meinem Springer das Monster und sein Gaul stand im Abseits. Danach war’s gegessen. In Zeitbedrängnis stellte er mir im 39. Zug eine Qualität für nichts hin und gab nach dem Schlagen direkt auf.

Also 2:0 für uns. Psychologisch gut, wenn man zwei Verluststellungen hat.

Felix schaffte es irgendwie, seinen Gegner zu überzeugen, eine Qualle zurückzugeben (ich glaube, für einen Bauern). Aufwärtstrend! Michael bekam Schwindelchancen, die sein Gegner aber abwehrte… 2:1, Michael musste die Segel streichen.

Bei Andi wurde es dann spektakulär. Sein Gegner drohte, mit Dame und Springer seinen Königsturm zu holen und nebenbei den Zentralkönig auf e1 mattzusetzen. Mit seiner Dame deckte er das vom Damenflügel aus aber ab. Und dann zog Andi die Dame weg… Oha! Springer plus Dame gegen König… Und Andi: Freibauer, der durchläuft… nun ja. Ich fand’s etwas erschreckend, schaute wieder zu Felix und sah wenige Züge später, dass Andi seinen Gegner schneller mattgesetzt hat. 3:1 für uns.

Zeitgleich war Frank in Zeitnot. Sein Gegner schrieb unleserlich mit, Frank natürlich gar nicht. Als dann auch Daurer in Zeitnot kam, schrieb niemand mehr mit – auch er Schiedsrichter nicht. Dann wurde es auch hier kurios. Frank sieht, dass Daurers Zeit abgelaufen war, reklamierte, fand in der Hektik aber den Anhalteknopf der elektronischen Uhr nicht. Bis er die Uhr stoppte, war auch seine Zeit unten. Aber es hätte Zeugen gegeben. Das nächste Problem war die Zügezahl. Waren es 40? Oder doch nur 39? Eigentlich müsste man die Partie sofort rekonstruieren. Daurer bot aber sofort remis an, was Frank dann gentlemanlike annahm. Andi meinte, es wären wohl sogar 41 Züge gewesen… Die Stellung ausgeglichen, aber knetbar. Wie auch immer, 3,5 zu 1,5 für uns.

Felix überredete seinen Gegner, auch die zweite Qualle zurückzugeben (wie er das immer macht…?!), aber auch hier für einen Bauern. Und die beiden Minusbauern waren dann immer noch zu viel – oder einfach hoffnungslos. Felix musste die Segel streichen und es stand 3,5 : 2,5.

Mittlerweile befanden sich Helmut und Alex im Endspiel. Beide mit einem Mehrbauern. Helmut hatte aber mit einem Springer gegen einen Läufer zu spielen – Bauern auf beiden Flügeln. Leider nicht zu gewinnen. Alex hatte dafür ein Turm-Läufer gegen Turm-Springer mit Mehrbauern. Der Läufer deckte zwar die eigenen Bauern, aber der Springer kann manchmal nerven. Dank seines aktiveren Turms ließ er seinem Gegner aber keine Chance mehr. Macht mit Helmuts Remis ein glattes 5:3 für Kriegshaber.

Es gab spannende Partien, es wurde gekämpft und wir haben gewonnen. Was gibt’s Schöneres?

Die Partien im Einzelnen:

München Tarrasch 2 - Kriegshaber 1 3 - 5

1 Hennig, Dirk   2376 2404   - Wolfsteiner, Helmut   2316 2338  ½ - ½
2 Singer, Christoph   2318 2351   - Vuckovic, Aleksandar   2284 2311  0 - 1
3 Meier, Volker   2239 2304   - Bintakies, Michael   2148 2178  1 - 0
4 Otte, Marco   2158 2258   - Demel, Paul  2088 2168  0 - 1
5 Schelle, Artur   2073 2188   - Stör, Andreas   2216 2179  0 - 1
6 Köster, Roman   2040 2142   - Stelter, Felix, Dr.   2209 2052  1 - 0
7 Rasch, Gerhard   2015   - Hahn, Christoph, Dr.   2108 2205  0 - 1
8 Daurer, Walter   1998 2061   - Jermann, Frank, Dr.   2060 2242  ½ - ½


Autor dieser Meldung:Andreas Stoer
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Kommentare zu dieser Meldung:

Name und ZeitpunktKommentar
Frank schrieb am 17.01.2011 gegen 06:32 Uhr Meine Partie gegen Daurer war wohl stets ausgeglichen. In der Zeitnotphase hätte ich einmal einen vergifteten Bauern nehmen können, mit Initiative für Weiß, aber nicht voll ausreichender Kompensation. Nachdem ich das mit weniger als 90 s für 10 restliche Züge bewusst vermieden hatte, war die Stellung laut Rybka und Shredder ziemlich genau 0.00.

Bleibt die Sache mit den Zügen. Nach der aus meiner Erinnerung rekonstruierten Partie waren es nur 39 Züge beim Überschreiten der Zeit. Das entspricht auch genau den von mir mitgestrichelten Zügen :-( Ich hätte für die zwei Züge immerhin noch großzügige 12 Sekunden gehabt...


Der vorliegende Bericht ist älter als ein Jahr und kann daher nicht mehr mit Kommentaren versehen werden!
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