Wormser Nibelungenopen 2011 mit Teilnehmerrekord

Bericht von Stefan Kiechl

Mit 216 Teilnehmern erreichte das Wormser Nibelungenopen einen neuen Teilnehmerrekord. Ich hatte in der Setzliste den 86. Rang, was bedeutete, dass ich in der 1. Runde gegen einen DWZ-schwächeren Spieler antreten durfte. Wie befürchtet, handelte es sich in der ersten Runde um einen Jugendlichen. Ich hatte Weiß und setzte ihm einen 3. Lb5 Sizilianer vor. Leider hatte er sich gut vorbereitet... Eröffnungsvorteil? Absolute Fehlanzeige! Vielmehr musste ich beobachten, wie reihenweise die Partien an den Nachbarbrettern mit Favoritensiegen zügig beendet wurden und ich bald allein im Klassenzimmer war - die vorderen Bretter wurden in der Aula der Paternussschule ausgetragen und ab Brett 86 wurden die Spieler in verschiedene Klassenzimmer ausgelagert. Es erinnerte mich an Nachsitzen in der Schule. Nach rund vier Stunden Spielzeit konnte ich endlich die ein oder anderen Ungenauigkeit meines jungen Gegners ausnutzen und ich fing an, ein Mattnetz zu knüpfen in dem er sich schließlich verfing. Es war in der Tat eine der längsten Partien der Anfangsrunde, die Turnierleitung wartete schon ungeduldig auf das Ende, mein Gegner gratulierte höflich und bescheinigte mir eine gute Leistung (?!?) - ich bin mir nicht so sicher, ob ich wirklich gut gespielt habe, aber immerhin der erste Punkt war da.Da es reichlich spät war, war der letzte Bus ins Hotel bereits abgefahren und ich befürchtete schon einen gruselig langen Rückweg, der mich u.a. auch an weniger vertrauenswürdigen Gestalten in vorbeigeführt hätte - doch die Rettung nahte. Ein freundlicher Spieler aus den Niederlanden, den ich bereits aus anderen Turnieren kannte, nahm mich in seinem Auto mit, so blieb mir ein langer Nachtmarsch erspart und konnte mich über eine weitere Nettigkeit in diesem Turnier freuen.

Zur zweiten Runde erschien ich dann auch gut ausgeruht. Da ich mich in der ersten Runde nicht unbedingt mit Ruhm bekleckern konnte und mich an der Hotelbar nicht mit Rum bekleckern wollte, kam ich gut ausgeschlafen zur zweiten Runde an.
Mein Gegner hatte eine DWZ von ca. 2000 und ich konnte ihm, zumindest in der Eröffnungsphase, etwas das Gruseln lehren. Im Holländer versuchte er es mit dem Gambitzug 2. h3 - aber ich habe das Buch von Neil McDonald gelesen, der in der Tat gute Wege zeigt, den Nebenvarianten im Holländer den Zahn zu ziehen.
Leider schätzte ich im weiteren Partieverlauf einen Angriff meines Gegner falsch ein und ich musste die Segel streichen - nichts wars also mit einem Außenseitersieg.

In der dritten Runde konnte ich schnell einen Bauern erobern, konnte jedoch keinen konkreten Gewinnplan finden - es musste also Hilfe her. Endlich schien es, dass ich eine Ungenauigkeit meines Gegner ausnutzen konnte, die mir zu einem Figurengewinn verhalfen sollte. Mein Gegner grübelte nahezu eine halbe Stunde über seinen 23. Zug. Ich erwartete währenddessen seine Aufgabe, doch oh Schreck - Figurengewinn gab es nicht, mein Gegner hatte tatsächlich eine Rettung entdeckt! Der Leser kann sich vorstellen, dass meine Moral nun darniederlag. Die Partie ging also weiter. Doch es kam die bereits angedeutete Hilfe, mein Gegner hatte offensichtlich vergessen, dass im Turnierschach mit Schachuhr gespielt wird, er errichte mit seinem Minusbauern eine feste Burg um seinen König, aber bei Zug 37 viel das Blättchen, und ich hatte einen weiteren Punkt auf meinem Konto.

In der vierten Runde hatte ich dann wieder einen Gegner mit knapp 2000 DWZ, der mich als Nachziehender im Skandinavier stark unter Druck setzte. Aber ich zeigte ungewohnte Fähigkeiten in der Verteidigung, eine Ungenauigkeit konnte ich zu einem Konter nutzen, der anscheinend so überzeugend war, dass er mein Remisangebot ohne zu zögern akzeptierte.

Eine absolute Gurkenpartie muss ich in jedem Open spielen, diesmal war es in der fünften Runde.
Die Spielstärke meines Gegner aus Viernheim konnte ich nicht einschätzen, denn er hatte eine ELO von mehr als 2100, gleichzeitig aber eine geringere DWZ als ich?!
Jedenfalls nutze er einen Eröffnungsfehler zu einem gnadenlosen Taktischen Schlag, so dass ich anschließend noch viel Zeit hatte, die Wormser Innenstadt zu besichtigen...

Dass die fünfte Runde so kurz war, kann beinahe schon als Glück bezeichnet werden, denn in der sechsten Runde kam dann meine längste Partie.
Mein junger Gegner mit brasilianischen Wurzeln war möglicherweise mit Skandinavisch nicht vertraut, er agierte zu ängstlich. Leider spielte ich dann zu frech, anstatt solide den Punkt einzufahren, griff ich gierig nach einem Bauern. Nun erhielt mein Gegner Gegenspiel, seine Figuren tanzten Samba um einem unsicher stehenden König. Ich konnte sogar einen weiteren Bauern erobern, ohne mich aber wohler zu fühlen, ich dachte oft an Wolfgang Bucherts Verteidigungskünste, die mir so sehr fehlen. Doch an diesem Tag gelang es mir, einen festen Wall um meinen König aufzubauen und später sogar weiteres Material abzuholen, so dass meine Gegner mit traurigem Blick aufgeben musste.
Damit hatte ich 3,5 Punkte auf meinem Konto.

Mit der Gewissheit, auf jedem Fall die 50 Prozenthürde erreicht zu haben, ging ich relativ unbefangen in die Schlußrunde. Ich ahnte am Auftreten meines Gegners, dass er im Gegensatz zu anderen Gegnern, auch bei Hitze im Turniersaal eine Kampfpartie spielen wollte und verschwendete deshalb gar keinen Gedanken an ein frühes Remisangebot.
Doch es kam wie so oft anders.
Diesmal hatte ich als Weißer gegen den Skandinavier anzukämpfen, und ich war leider unachtsam, sein Springer konnte auf c4 einen Vorposten erobern. Um mich etwas zu befreien, war ich gezwungen, einen Bauern herzugeben, dann begann mein Gegner jedoch zu grübeln, er glaubte anscheinend mittels eines Scheinopfers die Partie schnell entscheiden zu können. Ich entdeckte jedoch das Loch in seiner Kombination, bot Remis, das er wohl wegen des Schrecks sofort annahm und ich hatte damit vier Punkte und noch Zeit, den Dom zu besichtigen.

Abschließend ist noch zu sagen, dass die Organisation beim Wormser Nibelungenopen perfekt war, die Runden begannen bis auf die Anfangsrunde, immer pünktlich, die Auslosungen waren schnell in Netz veröffentlicht. Ganz toll auch die Verpflegung, Kuchentheke, Grill, Getränke.

Mit 216 Teilnehmer wurde eine neuer Rekord erzielt, es fehlten jedoch an der Spitze der ein oder andere Titelträger, da gleichzeitig auch die erste, zweite Bundesliga und die Oberliga spielten.

Insgesamt spielte ich dieses Jahr zum dritten Mal in Worms mit und ich kann mir gut vorstellen, dort auch ein viertes Mal teilzunehmen.
Worms hat das Potential zu meinem Lieblingsopen zu werden, da in Worms auch gute Übernachtungsmöglichkeiten sind und auch die Stadt die ein oder andere Sehenswürdigkeit bietet. In der Innenstadt kann man schön bummeln gehen und sich nach den oft anstrengenden Partien entspannen.

Endergebnis (Extrakt):

Rang Teilnehmer ELO NWZ At Verein/Ort S R V Punkte Buchh PktSum
1. Chernov,Vadim 2439 M SK 1962 Ladenburg 6 1 0 6.5 30.0 27.0
2. Schild,Christoph 2288 2208 M TSV Schott Mainz 5 2 0 6.0 30.0 26.5
3. Muranyi,Karl-Jasmi 2380 2294 M SV Worms 1878 6 0 1 6.0 30.0 24.0
4. Sieber,Patrick 2209 2170 M SC Landskrone 5 2 0 6.0 29.0 26.5
5. Commercon,Simon 2141 2070 M SC Pirmasens 1912 5 2 0 6.0 28.5 25.5
6. Nabavi,Parwis 2214 2182 SGEM Dreisamtal 5 2 0 6.0 27.5 23.5
...
81. Di Capua,Francesco 1801 1776 M SK 1980 Gernsheim 3 2 2 4.0 24.5 14.0
82. Venus,Jens 1909 1667 M TSG 1861 Grünstadt 3 2 2 4.0 24.0 17.5
83. Kiechl,Stefan 1860 1815 M SK Kriegshaber 3 2 2 4.0 24.0 16.5

83. Gutzen,Werner 1831 M SK Mannheim 1946 e 3 2 2 4.0 24.0 16.5
83. Bingert,Tim Niklas 1814 1781 M SK Langen 3 2 2 4.0 24.0 16.5

Weitere Ergebnisse auf der Homepage des Veranstalters http://www.schach-worms.de/?page_id=49



Autor dieser Meldung:Eckhardt Frank
Aufrufe:Dieser Artikel wurde bisher 257 Mal gelesen.


Kommentare zu dieser Meldung:

Name und ZeitpunktKommentar
Lothar schrieb am 11.10.2011 gegen 10:45 Uhr Hallo Stefan, danke für den schönen Turnierbericht!
Chris schrieb am 11.10.2011 gegen 20:07 Uhr Hallo Stefan,

noch ein grosses Dankeschoen fuer den tollen Turnierbericht :-) .
Rita schrieb am 23.01.2012 gegen 02:09 Uhr Heck yeah bay-bee keep them cionmg!


Der vorliegende Bericht ist älter als ein Jahr und kann daher nicht mehr mit Kommentaren versehen werden!
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