"Willkommen, Schachspieler, junge und alte, Väter und Söhne. Wie man so sagt, Schach ist sich eine Brücke. Um andere Seite zu erreichen, man muss sie überqueren. Ich wünsche Ihnen allen viel Glück. Und bitte jetzt: starten Sie Ihre Uhren."
Mit diesen Worten eröffnet der ehemalige Weltmeisterschaftsanwärter Arkady Shuvalovitch die erstmalig in Manhattan, NY stattfindende nationale Vater-Sohn-Meisterschaft im Schach.
In dem amerikanischen Roman "Siegen kann tödlich sein" werden ein Sohn und sein Vater zu einem Vater-Sohn-Schachturnier eingeladen. Der Sohn, Daniel Pratzer, ein 14-jähriger Junge, ist kürzlich erst an der Loon Lake Academy angekommen und eigentlich noch ein Schachnovize und Außenseiter. Der Vater, Morris W. Pratzer, ist Steuerberater und lebt mit seiner Familie in bescheidenen Verhältnissen in einer Kleinstadt in New Jersey. In seiner Jugend (der Zeit, nachdem Bobby Fischer Weltmeister wurde und Schach sich zunehmender Beliebtheit erfreute) war er ein außerordentlich talentierter und erfolgreicher Schachspieler. Davon hatte sein Sohn bis zum Beginn der Handlung aber überhaupt nichts gewusst. Sein Vater hatte das Schachspiel vor 3 Jahrzehnten aus "persönlichen Gründen" aufgegeben und seitdem nie mehr eine Schachfigur in die Hand genommen - und auch mit niemandem mehr über seine Vergangenheit gesprochen.
Im Laufe der Geschichte kommt alles an den Tag.
Geister aus der Vergangenheit werden gerufen, Entdeckungen werden gemacht, Beziehungen entwickeln sich, Perspektiven ändern sich, Kreise schließen sich.
Natürlich geht es um Züge: Schachzüge, Winkelzüge, Charakterzüge …
Ein fast schon erschreckender Blick wird auf den Druck und die psychischen und physischen Folgen, die das wettkampfmäßige Schach für viele Schachspieler mit sich bringt, geworfen.
Es ist eigentlich ein Jugendroman, aber sicher für Schachspieler jeden Alters lesens- und unbedingt empfehlenswert.
Ohne dabei oberflächlich zu sein, hält sich das Buch nicht lange mit tiefschürfenden Gedanken über die pubertären Nöte eines 14-jährigen, Generationskonflikte, soziale Klassenunterschiede oder die Verhältnisse auf amerikanischen Elite-Highschools auf. Der Autor David Klass - selbst ehemaliger Wettkampf-Schachspieler - kommt gleich zur Sache, und so geht es von der ersten bis (fast) zur letzten Seite um Schach.
Das Buch geht tiefer als zunächst vermutet. Es ist spannend und kurzweilig geschrieben, und so konnte ich das Buch, einmal begonnen, bis zum Ende nicht mehr aus der Hand legen.
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"Siegen kann tödlich sein"
David Klass
Verlag Freies Geistesleben, 2015
ISBN 978-3-7725-2764-7
[Amerikanische Originalausgabe "Grandmaster"
Farrar Strauss Giroux Books for Young Readers, New York, 2014]