Fünf reichen auch...

Samstagabend, 18 Uhr - der Vorhang hebt sich zu Runde 2 in der Kreisliga I Augsburg, Heimspiel gegen Rochade II, es ist mal wieder Showtime in Kriegshaber!

Aber wie üblich beginnen wir unseren Auftritt mit einem Rohrkrepierer: Der Vorhang verheddert sich sozusagen schon beim Öffnen, denn drei der acht Bretter können gar nicht bespielt werden. Bei Rochade fehlt Hans Jagdhuber unentschuldigt, und unserer eigenen Star-Truppe ist irgendwie die ukrainische Stabilitätsachse abhanden gekommen, bestehend aus Vladimir Belevtsov und Denys Filin. Beide einfach verschollen. Nicht da. Etwas ratlos und bedröppelt geben Rochade-Teamchefin Leonora Weber und ich um 18:05 Uhr die Bretter frei...

18:12 Uhr:
Als Schiri gewöhnt man sich mit der Zeit ja so seine Routinen an. Ich laufe immer kurz nach Rundenstart nochmal alle Bretter ab und schaue, ob die Leute auch wirklich richtig sitzen. Das hat durchaus seine Berechtigung: Prompt erwische ich heute zwei, die ihr Gefecht mit vertauschten Farben begonnen haben. Da weniger als 10 Züge gespielt sind, verdonnere ich die beiden zum sofortigen Reboot; dann widme ich mich wieder meiner eigenen Partie.

19:20 Uhr:
Zweiter Rundgang. Inzwischen steht es 1:2 gegen uns, da drei Paarungen kampflos entschieden sind: Brett 2 ging an uns, die Bretter 3 und 7 an Rochade. Prompt taucht natürlich Kriegshaber-Chef Eckhardt im Spiellokal auf und schaut ganz komisch, als er an meinem Tisch die Plus-Minus-Zeichen auf der Ergebniskarte liest. Ich tu einfach so, als würde ich seine hochgezogenen Augenbrauen nicht bemerken. Wieso, ist irgendwas? Seit wann braucht Kriegshaber III acht Leute, um ein Match zu gewinnen? Immer schön geschmeidig bleiben, Ecki...!

Okay, an Brett 6 bei Detlev sind wir inzwischen mit einer Qualle hinten, und Gegner Manfred Wiedemann drückt mit seinen verdoppelten Türmen schon mächtig in die weiße Stellung. Das sieht nicht mehr sehr vielversprechend aus. Bei Frohnatur Harry Gergen an Brett 1 dafür optische Vorteile für unseren Mann, er hat mit den schwarzen Klötzen einen raumgreifenden Angriff am Damenflügel gestartet. Zwar ist noch nichts getauscht, aber er ist erkennbar gut aus dem Startblock gekommen.

Dafür habe ich selbst, mit Schwarz an Brett 5 spielend, gegen Alexander Tsiapouris meine altbewährte Strategie ausgepackt: Eine mögliche Vorbereitung des Gegners einfach dadurch unterlaufen, dass ich etwas spiele, womit ich mich so richtig überhaupt nicht auskenne. Heute war mal Holländisch dran, von mir misshandelt zu werden. Bei der ersten sich bietenden Gelegenheit verkompliziere ich das, was ich sowieso schon nicht kapiere, noch dadurch, dass ich stellungswidrig meine Dame gegen drei gegnerische Leichtfiguren opfere. Ach ja, einen Bauern gebe ich gleich noch gratis obendrauf. Jetzt habe ich zwar mehr Figuren als der Gegner am Brett, aber die sind alle total passiv, und ein plausibler Plan, wie ich sie aktivieren kann, nirgends zu sehen. Egal. Soll der Gegner doch bei der Suche nach einem Gewinnplan seine eigene Zeit verbraten. Das klappt sogar erstaunlich gut...

Alt-Teamchef Tommi Städele hat sich mit Weiß an Brett 6 gegen Leonora Weber einen Mehrbauern rausgespielt und steht... naja, irgendwie komisch. Er hat allerhand Zeugs nach vorne geschmissen, aber sein Sc6/Dd6-Duo ist auf der 6. Reihe von einem schwarzen Ta6 waagerecht gefesselt, das schaut für mich vom schnellen Hinschauen etwas, naja, labil aus. Ich meine, das ist genau die Art von Stellungen, in denen wir Kreisklassen-Schächer dann immer eine Figur verlieren (hinterher sagt mir Tommi, er habe genau ab hier auf Gewinn gespielt).

An Brett 8 spielt Darko Stakor mit Weiß gegen Vladislav Kudria. Sieht für mich solide und gut aus, was Darko da macht: Er hat das Läuferpaar und Raumvorteil am Damenflügel, aber insgesamt ist die Stellung noch recht geschlossen - hier kann also noch alles Mögliche passieren.

20:00 Uhr:
Mein nächster Blick in die Runde. Harry an Brett 1 hat inzwischen gegen Michael Tsiapouris irgendwie einen Mehrbauern aus der Stellung geknetet und steht weiterhin optisch überlegen. Ich traue ihm die Verwertung zu, wird aber wohl Geduld und Spucke brauchen.

Bei Detlev an der Vier steht immer noch eine Minusqualle zu Buche, aber unser Mann hält geschickt dagegen und erschwert dem Schwarzen jeden weiteren Fortschritt maximal.

An Brett 5 laufe ich mit meinem König genau dorthin, wo der Gegner die Bauernhebel zum Öffnen hat, da ich mich anders sowieso nicht befreien könnte. Außerdem scheint mir, dass ein Aufreißen auf dieser Seite unkalkulierbare Folgen für uns beide hätte, da dann bei mir auch ein Turm und mindestens einer meiner Läufer aktiviert würde. Also weiter einfach den Gegner rechnen lassen und immer die Züge machen, die nicht sofort ersichtlich verlieren.

Tommi Städele auf Bahn 6 hat weiter seinen Mehrbauern bei seltsamer Stellung. Die Eröffnung war wohl ursprünglich was Pirc-Artiges.

An Brett 8 gibt Darko heute den supersoliden Positionsspieler. Für mich sieht das sehr logisch aus, was er tut: Inzwischen hat er seinen Raumvorteil am Damenflügel vergrößert und versucht gerade, die gegnerische Bauernstruktur zu derangieren. Mach weiter so, Junge!

20:50 Uhr:
Bei Harry an Eins ist es jetzt übersichtlicher. Die Spitzenleute sind in einem Endspiel mit je 2 Türmen und gleichfarbigen Läufern; Schwarz (Harry) hat einen gesunden Mehrbauern. Immer schön pushen...

An Brett 4 könnte sich das Blatt wenden - Detlevs Gegner Manfred Wiedemann agiert mit seiner Mehrqualle etwas planlos. Er scheint irgendwie den Faden verloren zu haben, hat seine Türme nun wirr auf dem Brett verstreut, während Detlev mit Dame und Turm auf die gegnerische achte Reihe eingedrungen ist und dort den Schwarzen von hinten beharkt. So ein Gegenangriff ist für viele Gegner psychologisch schwer zu händeln.

Bei mir an Brett 5 weiter die ungewöhnliche Materialverteilung D+B gegen LLS, dazu jeder noch zwei Türme und einen Satz Bauern. Mein König hat inzwischen ein halbwegs sicheres Zuhause gefunden, und ich fange allmählich an, auch selbst gegen die weiße Majestät zu sticheln.

Bei Tommi an Sechs hat sich die Lage geklärt, er ist mit einem Mehrläufer plus 2 Bauern rausgekommen und segelt in Richtung Sieg.

Bei Darko an Brett 8 ist vom Gegner offenbar gerade ein kompliziertes Turmopfer gespielt worden; ich blicks auf die Schnelle nicht. Darko hat im Moment einen Turm, der Gegner dafür 3 Bauern; aber kann Darko den Turm wirklich behalten? Er ist gefesselt, alles hochtaktisch - diese Partie endet sicher nicht Remis...

21:00 Uhr:
Die Viertelstunde der Entscheidungen - jetzt geht es Schlag auf Schlag.

Zuerst verliert Darko an Brett 8; er meint hinterher, das gegnerische Turmopfer sei nicht korrekt gewesen, aber er habe die richtige Riposte verpasst. Wir sind jetzt 1:3 hinten.

10 Minuten später bietet mein Gegner eine Zugwiederholung an, auf die ich mich einlasse - Remis, Gesamtstand jetzt 1½:3½; gegen uns. Allmählich wirds eng.

Um 21:15 Uhr sackt Tommi gegen Leonora den ganzen Punkt ein. Nur noch 2½:3½ jetzt.

Um 21:18 Uhr stellt Detlev seinen Gegner vor die bittere Wahl, in einem oder in zwei Zügen matt zu werden. Manfred Wiedemann entscheidet sich für Option drei, er gibt auf. Zwischenstand jetzt 3½:3½ -  nur Harry spielt noch, und der hat ja seinen gesunden Mehrbauern. Er guckt kurz zu mir und meint lapidar: "Zu acht wärs einfacher." Ach so, stimmt. Das können wir uns ja mal für den nächsten Mannschaftskampf merken.

Detlev fragt mich gleich darauf, ob es sich noch rentiert, dass er sich ein Bier aufmacht. Ich sage, ja logisch, da ich die Partie am Spitzenbrett noch auf etwa eine Stunde Restspielzeit taxiere. Aber kaum ploppt Detlevs Bierflasche auf, da kommt schon wieder Harry ums Eck geschlendert und meldet grinsend, dass er gerade den Siegpunkt gemacht habe: Endstand also 4½:3½

Also Ecki, siehste wohl, da brauchts gar keine hoch gezogenen Augenbrauen, bloß weil wir nur an fünf Brettern spielen. Schon vergessen? Du bist beim SK Kriegshaber - dem etwas anderen Schachklub...






Autor dieser Meldung:Lothar Weimer
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Kommentare zu dieser Meldung:

Name und ZeitpunktKommentar
Michael schrieb am 20.11.2022 gegen 06:45 Uhr Ich hatte überlegt, als Schlachtenbummler vorbei zu schauen. Gut, dass ich es nicht gemacht habe. Jetzt ist mein Nervenkostüm noch in Ordnung. :-)
Lothar schrieb am 20.11.2022 gegen 07:50 Uhr Ach Michael, wer Nerven hat, sollte nicht Schach spielen. Zumindest nicht in der dritten Mannschaft :-)
ExVicePresident schrieb am 20.11.2022 gegen 11:56 Uhr Ich war kurz da, habe die Irrungen und Wirrungen verfolgt, mich dann aber entschlossen nach Hause zu gehen. Denn mein Nervenkostüm ist zur Zeit auch nicht das Beste!
Stefan schrieb am 20.11.2022 gegen 12:31 Uhr Von mir auch ein SUPER!!!!
Danke für den Bericht
Patrick schrieb am 20.11.2022 gegen 12:34 Uhr Gratulation zum Sieg trotz Unterzahl - super!
Florian schrieb am 20.11.2022 gegen 17:19 Uhr Glückwunsch an meine Mitstreiter! Eine tolle Mannschaftsleistung: als ich um 19:30 Uhr gegangen bin, sah es noch nicht nach einem Sieg aus.
Thilo schrieb am 24.11.2022 gegen 22:38 Uhr Dame gegen drei Leichtfiguren geben ist eigentlich kein Opfer, eher ein Materialgewinn.


Der vorliegende Bericht ist älter als ein Jahr und kann daher nicht mehr mit Kommentaren versehen werden!
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