Dritte Mannschaft: Alles muss man selber machen...!

Kriegshaber III siegt im letzten Heimspiel 5:3 gegen Haunstetten und wird damit Augsburger Mannschaftsmeister

Wir schreiben den 24. Juni 2023, es ist ein brütend heißer Sommertag, und wir - spielen Schach! Nein, kein Open, sondern das letzte Punktspiel in der Kreisliga I Augsburg. Und das ist ein echter Showdown, wie er im Buche steht: Wir als Tabellenführer gegen Haunstetten, die auf Platz 2 stehen und uns bei einem hohen Sieg noch überholen können. Dazu müssten sie heute allerdings mindestens mit 5½:2½ oder höher gegen uns gewinnen. Oder anders ausgedrückt: Wenn wir den Fahrstuhl nach oben erreichen wollen, dann müssen heute drei Brettpunkte her...

...aber beim Anpfiff um 18:05 Uhr fühlt es sich gar nicht so an, als ginge es um Punkte, geschweige denn um den Aufstieg. Zwei Spieler schwänzen einfach und fehlen trotz Zusage unentschuldigt: Einer bei uns, und einer bei Haunstetten. Gegen 18:20 Uhr nehme ich den Telefonjoker und rufe Ecki an: Er möge doch bitte irgendwie unser Brett 8 herbei bugsieren. Auch der Haunstetter Teamchef Johannes Röder klemmt sich ans Telefon und versucht zu klären, wo sein Brett 3 steckt. Beides bleibt letzten Endes erfolglos.

18:20 Uhr:
Erster Rundgang. An Brett 1 spielt Harry Gergen mit Schwarz einen Sizilianer, sein Gegner Johannes Röder wählt den Aufbau mit b3 und Lb2. Nebenan auf Brett 2 hat Florian Wieser Weiß und spielt gegen Felix Pribyl ein orthodoxes Damengabmbit. Auf der Drei wartet für uns Vladimir Belevtsov auf seinen Gegner Kowalewski. An Brett 4 haben wir Detlev Keymling sitzen; er muss gegen den Kreisspielleiter Robert Kutschick ran. Eröffnung ist Englisch, wenn ich es richtig gesehen habe. Auf Brett 5 spiele ich selbst (Lothar Weimer) mit Schwarz und habe heute zur Abwechslung mal wieder einen Franzosen gewählt, nachdem mich Viktor letztens beim Miniturnier mit Caro-Kann ziemlich überzeugend eingestampft hat. Auf Brett 6 sitzt Tommi Städele als Weißer, die Eröffnung sieht aus wie ein leicht deformierter Italiener. An Brett 7 ist Denys Filin bereits schwer im Gefecht; die zwei legen ein irrsinniges Tempo vor. Eröffnung war 1.e4 c5 2.f4, ist das Grand-Prix-Angriff? Tut mir leid, bin bei Zug 2 hier schon out of book; dieses Zeugs verweigere ich hartnäckig. Apropos verweigern: An Brett 8 verweigert bislang Darko Stakor sein Erscheinen; hier langweilt sich sein Gegner Maximilian Döbel wartend und sieht der Uhr beim Runterlaufen zu.

18:40 Uhr:
Die Bretter 3 und 8 bleiben wohl unbespielt, hier fehlen weiterhin Kowalewski (Haunstetten) und Stakor (Kriegshaber). Bei Denys an Brett 7 ist inzwischen was zählbares zu sehen; er hat eine Qualität erobert. Die beiden spielen die Partie im Schnellschach-Tempo und sind schon fast im Endspiel.

19:00 Uhr:
Wir stellen an den Brettern 3 und 8 die Uhren ab; zwei kampflose Punkte. Zwischenstand 1:1. Okay, man kann es auch so sehen: Einen der drei erforderlichen Punkte haben wir damit schon mal.

19:02 Uhr:
Denys (Brett 7) schießt das 2:1 für uns und vermeldet den ersten am Brett herausgespielten Sieg. Bei Tommi an Brett 6 zeichnet sich auch ab, dass heute was gehen könnte; er hat inzwischen einen Mehrbauern, sonst ist allerdings noch kein Stein getauscht.

19:30 Uhr:
An Brett 1 meine ich für Harry einen leichten Positionsvorteil zu erspähen; der Gegner hat sich auf d3 einen rückständigen Bauern machen lassen. Das Feld d4 wird von zwei schwarzen Bauern (c5 und e5) bewacht; dem weißen Bd3 hat jemand eine unsichtbare Zielscheibe auf die Stirn gemalt.

An Brett 2 bei Flo spielen beide mit offenem Visier: Gegensätzliche Rochaden - Flo hat die 0-0-0 gewählt, sein Gegner die kurze Seite. Folgerichtig rollen auf beiden Seiten jeweils die Bauernstürme heran. Wer kriegt den Gegner schneller an der Gurgel zu fassen?

Bei Detlev an Brett 4 musste ein Bäuerlein ins Gras beißen, und sein König steht auf der offenen g-Linie in der Zugluft. Auf der h-Linie hat er einen unschönen isolierten Doppelmoppel. Riecht für mich nach einer möglichen Null.

An meinem eigenen Brett will der Gegner mir per Seitenangriff mit einem Turm von b6 aus meinen Bc6 abknapsen; damit würde der Turm sich allerdings verlaufen. Ich lasse den Bauern ungedeckt und stichle stattdessen den Turm mit einem meiner Läufer an - nimmt er den Bauern, kostet es ne Qualle. Der Gegner riecht aber den Braten und zieht den Turm wieder zurück.

20:20 Uhr:
Ich habe in meiner Partie mittels eines taktischen Tricks die Dame für zwei Türme eingetauscht und fühle mich in der Stellung zunehmend wohl, nachdem ich in der Eröffnung etwas gequetscht stand. Allerdings merkt man die 200 DWZ Unterschied bislang nicht wirklich; mein Gegner ist zäh wie Leder und gibt keine Milch. Ich tippe auf aufstrebendes Talent. In zwei Jahren oder so habe ich wahrscheinlich keine Chance mehr gegen ihn.

Am ersten Brett bei Harry jetzt ein schwerblütiges Ringen; der rückständige Bauern scheint irgendwie gar nicht richtig Thema zu sein - die beiden Gegner spielen ganz woanders rum. Naja, meine 5-Sekunden-Stellungsbewertungen sind halt nicht immer ganz so stichhaltig. Aber dass Harry noch 1:13 auf der Uhr stehen hat, der Gegner aber nur noch 0:32, das ist stichhaltig. Heißt, Johannes Röder könnte allmählich in Zeitnot geraten.

20:23 Uhr:
Und während ich noch so darüber nachsinniere, gibt unser Brett 2 seine Partie auf: Flo verliert mindestens eine Qualität. Sein Kommentar dazu: "Tut mir leid, ich hab einfach ein Loch in der Kombi gehabt..." Schade, Zwischenstand damit nun 2:2. Allerdings: An Brett 6 bei Tommi Städele sieht es dafür zunehmend hoffnungsvoll für uns aus. Tommi metzgert nämlich gerade mit beiden Springern in den schwarzen Eingeweiden rum. Detlev auf Brett 4 steht allerdings klar auf Bruch.

20:25 Uhr:
Aufgabe von Detlev. Zwischenstand nun 2:3 gegen uns.

Mist, wenn uns das Ding heute noch völlig aus dem Ruder läuft und wir nicht mindestens diese drei armseligen Brettpunkte zusammenkratzen, dann machen wir uns auf Jahrzehnte zum Gespött der Nation. Ich sehe es schon kommen, dass ich meine eigene Partie mit der Brechstange werde gewinnen müssen. Alles muss man selber machen als Mannschaftscaptain...

20:50 Uhr:
Tommi an Brett 6 hat jetzt gefühlt ein Dutzend Mehrbauern. Auf meinem eigenen Brett habe ich mittlerweile in ein absolut unverlierbares Endspiel mit 2T+B gegen D+B am maßgebenden Flügel getauscht. Meine Türme decken sich auf der Grundreihe gegenseitig, einer blockiert dabei den gegnerischen Freibauern, der andere unterstützt von hinten meinen eigenen Freibauern auf der a-Linie. Ich glaube, ich schalte jetzt dann einfach auf Autopilot und gebe mit meinem a-Bauern Gas - der weiße König kommt sowieso nicht mehr ins Quadrat, und wenn der Gegner meinen a-Freibauern mit der Dame blockieren muss, dann sehe ich nicht, wie er die Stellung gegen meine beiden Türme noch halten sollte.

Robert Kutschick (der ja schon fertig ist) meldet, dass er ab sofort die Funktion des MSF für Haunstetten übernimmt, um sein Brett 1 zu entlasten.

21:05 Uhr:
Ecki kommt zum Kiebitzen (auch Rosi, Buchi und Stefan Rothbauer sind gekommen - alle wollen Blut sehen...) - aber er schaut ganz düster drein. Inzwischen bin ich nur noch wenige Züge davon entfernt, den goldenen dritten Punkt einzusacken, mein Freibauer marschiert Schritt für Schritt die a-Linie runter in Richtung a1... Kurzer Blick rüber zu Harry an der Eins: Er spielt gerade einen Abzugsangriff auf die weiße Dame, der ihm eine Qualität einbringen müsste.

21:08 Uhr:
Der Aufstieg ist perfekt! Als ich mein Bäuerlein auf a2 vorschiebe, reicht mir der Gegner die Hand zur Aufgabe. Obwohl der Zwischenstand damit erst 3:3 lautet, bedeutet es mit Blick auf die Tabelle in der Kreisliga I, dass uns Haunstetten nach Brettpunkten nicht mehr überholen kann. Kriegshaber III ist also Augsburger Mannschaftsmeister 2023!

21:15 Uhr:
War natürlich wieder Quatsch, dass ich bei Harry einen Qualitätsgewinn gesehen hatte; ich blick die Stellung einfach nicht vom schnellen Reinschauen. Aber ich komme gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Harry wirklich gewinnt und der Gegner ihm zur Aufgabe die Hand reicht. Mittels entscheidender Fesselung ginge eine Figur verloren; schön gespielt von Harald - bravo! Jetzt steht es 4:3 für uns, und alle versammeln sich um das Brett 6, wo Tommi die letzte noch laufende Partie ausficht. Nach weiteren 10 Minuten und einer hübschen kleinen Kombi gewinnt Tommi hier ebenfalls entscheidend Material und die Partie - Endstand 5:3 für Kriegshaber III.

In der Post-Mortem-Analyse lässt sich Edelkiebitz Rosi natürlich voll die Schwäbische Vizemeisterin raushängen und zeigt mir huldvoll, wo ich einen wesentlich schnelleren Gewinn verpasst habe (stimmt tatsächlich). Und als Zugabe zeigt sie gleich auch noch, wo Detlev anstatt den Gewinnzug den Verlustzug gespielt hatte (stimmt ebenfalls). - Ja mei, Mädel, wenn Du sowieso immer mehr siehst als wir Loser, dann lass Dich halt nächste Saison einfach mit bei uns in der Dritten aufstellen...!



Autor dieser Meldung:Lothar Weimer
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Kommentare zu dieser Meldung:

Name und ZeitpunktKommentar
Lothar schrieb am 25.06.2023 gegen 08:11 Uhr Ich erfahre gerade, dass unser Brett 8 gestern Abend mit Vorhofflimmern im Krankenhaus lag und nicht telefonieren konnte. Gute Besserung von hier aus - wir haben fÃr dich mit gewonnen, Darko!
ThomasReis schrieb am 25.06.2023 gegen 10:37 Uhr Herzlichen GlÃckwunsch zu diesem sehr schÃnen Erfolg an das gesamte Team. Klasse!
Patrick schrieb am 25.06.2023 gegen 12:07 Uhr Gratulation an die Mannschaft und den derzeitigen amtierenden Augsburger Mannschaftsmeister!
ðŸ‘ðŸ‘ðŸ‘

Gute Besserung an Darko!
Stefan schrieb am 25.06.2023 gegen 15:58 Uhr Ich wÃnsche Darko gute Besserung und gratuliere der Mannschaft zum Aufstieg
Harald schrieb am 29.06.2023 gegen 15:16 Uhr Vielen Dank an alle Mannschaftskameraden. In der 3. Mannschaft zu spielen hat in diesem Jahr ganz besonders viel Spaß gemacht. So kann es weiter gehen.
Harald schrieb am 29.06.2023 gegen 15:17 Uhr Gute Besserung Darko. Werd bald wieder gesund!
Ich hoffe, dass es nur ein falscher Alarm war und Du nur schauen wolltest, ob wir das auch mit 7 Spielern schaffen.


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