Zwischenbericht von der Europameisterschaft

Ein Bericht von Paul Demel

Ende letzten Jahres fragte mich Boris Grimberg relativ unvermittelt, ob ich nicht Lust hätte die Europameisterschaft mitzuspielen. DIE Europameisterschaft? Darf man da als Patzer einfach so…? Anscheinend (oder scheinbar?) schon. Jedenfalls schien das ziemlich verlockend, sich 11 Runden lang von Titelträgern vermöblen zu lassen, also machte ich mich an die Planungen und letzten Freitag dann auf den Weg…

Das Spiellokal befindet sich in Rijeka, wobei die meisten Spieler 14km entfernt in Opatija untergebracht sind. So auch wir. Zwischen Spiellokal und Hotels fahren Shuttlebusse, die allerdings normalerweise verspätet und überfüllt sind, und deren Haltestellen sich schon mal um 400m Luftlinie quer durch die Landschaft verschieben. Was auch immer. Kommen wir zu unseren Verbrechen.

Erste Runde
Erwartungsgemäß bekamen wir beide in der ersten Runde ziemliche Brocken zugelost, wobei es Boris deutlich heftiger traf. Er spielte gegen GM Vorobiov (ELO 261x), der letztes Jahr das monströse Moskauer Open (geteilt?) gewinnen konnte.
Ich bekams mit dem ungarischen GM Zoltan Medvegy (ELO 255x) zu tun.

Mein Gegner überraschte mich schon im ersten Zug mit 1 … d6. Na toll, Ein paar Stunden Vorbereitung für die Hasen, aber ich traf sogar noch 7 Züge Theorie gegen seine eher minderwertige Variante. Der Silikonhaustiger meint, dass ich da schon klaren Vorteil haben sollte, aber ich forcierte das Spiel zu früh und nachdem sich die Metzelei gelegt hatte, hatte sich einer meiner Bauern hinter die gegnerische Bauernkette verirrt. Er holte ihn ab, ich gab wenig später auf. Wenigstens hatte ich den Eindruck ihn nicht allzu sehr gelangweilt zu haben.

Boris’ Vorbereitung zündete ähnlich genial. Während und nach derselben fragte er immer wieder “Du meinst er spielt Paulsen?” “Ja.” “Hmm.” Am Ende war es gerade der Paulsen, für den er nicht präpariert war und der aufs Brett kam. Trotzdem entstand aus der Eröffnung eine Stellung, in der Vorobiov sich gezwungen sah, erhebliche Risiken einzugehen, um auf Gewinn zu spielen (f5?!??), wurde von Boris mit Qualiopfer ziemlich hergespielt und bot schließlich Remis. Boris lehnte ab, und stellte im nächsten Zug die Partie ein, weil er übersah, dass der Gegner forciert die Damen tauschen konnte. Immer noch ne Quali weniger, blöd gelaufen.

Soweit, so erwartungsgemäß.

Zweite Runde
Boris kriegte seinex) erste Lusche, ich den französischen IM Axel Delorme (ELO 240x). Er gewann ziemlich problemlos, ich… verlor ziemlich problemlos.
Und zwar zündete ich in einer seltsamen Französisch-Variante ziemlich früh das Brett an, was eigentlich sofort mit dem Gesicht auf dem Boden hätte enden müssen, aber meinem Gegner war die Variante zu riskant, weil er seine (weiße) Dame erst mal für ne Weile auf h8 hätte parken müssen, Ohne Felder oder ähnlichen Luxus. Naja, nachdem ich so freundlich eingeladen worden war und sein König noch im Zentrum weilte metzelte ich munter vor mich hin, nur um dann irgendwann das Material zu zählen und wehleidig meine Königsstellung zu betrachten. Wenigstens hab ich auch ihn wohl nicht gelangweilt.

Dritte Runde
Erste Lusche für mich (ein kroatisches Kind), erster IM für den Boris, der Spanier Llaneza Vega (ELO 25xy).

Ich war vor meiner Partie mal wieder nervöser als vor den vorigen beiden, weil nur ich verlieren konnte. Wir zockten erstmal eine Weile eine Theorievariante herunter, bevor ich auch mal nen eigenen Zug machen durfte und wohl den krassesten Blackout seit einiger Zeit erlebte. Ich nahm einen Bauern auf f6 en passant und blendete in der Vorausberechnung einfach komplett aus, dass er mit der Dame zurücknehmen konnte. Nachdem das Bauer und Stellung einparkte, wollte ich eigentlich sofort aufgeben, meine Sachen packen, nach Hause laufen, und mit dem Schachspielen aufhören. Dann riss ich mich doch noch mal zusammen und schaltete auf Grim Defense Mode um. Und mein Gegner half tatsächlich mit. Zum Lohn dafür, dass ich 30 Züge eine Ruine verwaltet hatte, ging er in ein Endspiel über, das für ihn schwieriger zu spielen war, und… Naja, er konntes halt nicht. Nochmal mit 2 blauen Augen und gebrochenen Rippen davon gekommen.

Weil ich mich so an meinem eigenen Leiden ergötzen wollte, schaute ich nur sporadisch auf Boris sein Brett. Die beiden übten einen Paulsen(schon wieder!)-Igel, über den ein Urteil abzugeben ich mir nicht zumuten würde. Scheinbar (anscheinend?) war die Stellung immer im (hoch-)dynamischen Gleichgewicht und in beiderseitiger Zeitnot nahm der Gegner Boris’ Remisangebot an.

Morgen gibt’s für uns beide IMs. Wird lustig. Hoffentlich.



Autor dieser Meldung:Andreas Stoer
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Kommentare zu dieser Meldung:

Name und ZeitpunktKommentar
Lucky schrieb am 12.03.2010 gegen 10:52 Uhr Ob es anscheinend oder scheinbar heißen muß, hängt davon ab, ob du wirklich ein Patzer bist oder nicht.

Die Partie aus der dritten Runde habe ich nachgespielt (und nicht nur die), hmmmmm, überzeugend ist was anderes ...

Warst du schon in der Buddha Bar? ;))
Lucky schrieb am 12.03.2010 gegen 10:53 Uhr Und warum um alles in der Welt zählen bei den Kommentaren Anführungszeichen zu den verbotenen Zeichen????
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