Die Niederlage der 5. Runde, die zudem so deutlich ausgefallen war, führte dazu, dass die Mannschaft nun endgültig den letzten Rest an Selbstvertauen verlor. Deshalb setzte ich kurzfristig eine Mannschaftsbesprechung an, machte allen etwas klar - vertraulich! - und schickte sie wieder an die Bretter.
Unter Beibehaltung meines Rotationsprinzips traten gegen die Königskinder Hohentübingen (Württ.) Sascha, Chris, Vadim und Felix an. Die Württemberger, deren Betreuer ich noch aus meiner Winnender Zeit kenne, zeichneten sich in diesem Turnier bis dahin mit außerordentlich starken Leistungen im taktischen Bereich aus, vor allem deren Spitzenspieler, so dass ich jeden unserer Recken entsprechend vorbereiten musste, um nach Möglichkeit eine weitere Niederlage zu verhindern.
Doch kaum nachdem die Partien begonnen hatten, musste ich mir schon die ersten Sorgenfalten glattstreichen. Zwar hatte Sascha alles unter Kontrolle und Felix hatte einen sauberen Sizilianer auf dem Brett, doch wurde Chris im Franzosen vollkommen überrascht - das Finden des Plans war wirklich schwer - und Vadim zelebrierte, wie man nach nur wenigen Zügen mit Weiß gegen Sizilianisch auf Verlust stehen konnte, wenn man die besprochenen Pläne missachtet bzw. ignoriert. Aus diesen Gründen machte ich mir vorsichtshalber schon einmal Gedanken, welche Maßnahmen ich noch ergreifen könnte. Diese Überlegungen wurden dann jedoch dadurch unterbrochen, dass ich Tamaras Einzeltraining aufnehmen musste - jeder der Spieler, der nicht am Brett sitzen durfte, kam in den zweifelhaften Genuss einer solchen Behandlung; es wurde gnadenlos an Schwächen gearbeitet. Und während Tamara und ich uns in die Geheimnisse der Italienischen Partie vertieften, indem wir eine Steinitz-Partie nachspielten und zu begreifen versuchten, tauchte Vadim freudestrahlend auf und meldete zu meiner Überraschung, dass er gewonnen habe. Der erste volle Punkt des Turniers!
Diese Meldung und ein Blick auf die Uhr verrieten mir, dass es wieder an der Zeit war, die verbliebenen SKK-ler zu "begutachten". Der Anblick, der sich mir bot, war überwiegend erfreulich, zumal Sascha seinen Gegner positionell stark unter Druck setzte - kein Spielraum für Taktik! :) - und Felix seinen Sizilianer derart gut gespielt hatte, dass es nur noch eine Frage von wenigen Zügen sein konnte, bis sein Gegner die Waffen strecken würde, was dann auch wirklich bald geschah - 2:0 für den SKK! Lediglich Chris hatte es nicht vermocht, die Stellungsprobleme zu lösen, weshalb er unmittelbar nach dem 2:0 den "Anschlusstreffer" für die Württemberger zulassen musste. Das war für ihn insofern bitter, hatte er bis dahin strategisch sehr gut gespielt und nur die regelmäßigen taktischen Aussetzer hatten verhindert, dass er nicht weitaus mehr Punkte auf der Habenseite verbuchen konnte. Glücklicherweise ließ sich Sascha von dieser Situation nicht beirren, spielte souverän weiter und gewann anschließend das Turmendspiel mühelos - 3:1! Der erste Sieg!

Wie wichtig dieser Sieg für die Kinder war, war förmlich zu spüren. Denn plötzlich wurden wieder Witze gerissen, wobei sich Chris und Vadim darin zu überbieten versuchten. Nein, ich habe mich nicht verschrieben, unserem Vadim schien eine Zentnerlast vom Herzen gefallen zu sein, denn nicht nur, dass er mit einigen witzigen Kommentaren für eine noch bessere Laune sorgte, er frotzelte mit Chris auch immer wieder herum und gab sich nicht einmal die Mühe, ein Lachen zu unterdrücken - herrlich!! :)

So, wie sie sich nach der Runde präsentieren, erscheint mir ein Sieg in der letzten Runde als sehr wahrscheinlich. Und das würde ich ihnen gönnen, würden sie es doch damit vermeiden, das Turnier als Schlusslich zu beenden. Warten wir es ab.