VM 2021 - Blitzlichter aus Runde 1

MisterMurks vs Garde7

Aus einer Englischen Eröffnung war nach dem Zug 32...Kb5 folgendes interessante Endspiel entstanden:

Diagramm_162

Zwischenfazit: Weiß steht besser. Zwar hat Schwarz den aktiveren König, doch Weiß verfügt mit dem gedeckten Freibauern d5 über einen starken Trumpf. Zudem stehen fast alle schwarzen Bauern im Moment auf der Felderfarbe seines Läufers, wodurch dieser deutlich weniger wirksam ist als sein Antagonist. - Zu seinem Schaden verfiel allerdings Weiß auf den Plan, die Stellung am Damenflügel mit den Zügen b2-b3 gefolgt von b3xa4 weiter zu öffnen, woraus sich dann nach 38...Ka5 folgende Situation ergab:

 
 Diagramm_163

Die Situation hat sich klar zu Ungunsten von Weiß gewandelt - beide Bauern auf der a-Linie sind schwach, und zumindest der auf a4 wird sofort fallen. Was diese Stellung interessant macht, ist eine nicht gerade offensichtliche Ressource in Form einer typischen Computervariante, die die meisten menschlichen Spieler wohl übersehen würden. An dieser Stelle griff MisterMurks nämlich zu 39.Tc1(?!) und verlor nach 9...Kxa4 40.Tb1? b5 auch noch den Ba3 und damit völlig die Kontrolle über die Stellung.

Und Stockfish? Tja, die Engine möchte in der Diagrammstellung anstatt 39.Tc1 die erfindungsreiche, aber für einen Menschen zunächst wenig plausible Fortsetzung 39.Kb1 spielen. Zwar steht Weiß dann nach 39...Kxa4 40.Lb6! weiterhin schwierig, aber am Ba3 sollte sich Schwarz nun tunlichst nicht vergreifen: Nach 40...Lxa3? folgt nämlich das starke Qualitätsopfer 41.Txa3+! Kxa3, und es zeigt sich, dass Weiß hier nun ganz unerwartet das Gleichgewicht halten kann:

 
 Diagramm_164 (Variante)

Weiß spielt 42.Kc2, und plötzlich hat Schwarz alle Mühe, den vom Lb6 optimal unterstützten, starken Bd5 daran zu hindern, einfach bis nach d8 durch zu laufen. Aber wie gesagt, dies ist eine Computervariante. Selbst nachdem Schwarz seinen Turm für den weißen d-Bauern gegeben hätte, müsste Weiß sich mit dem Mehrläufer anschließend immer noch der beiden verbundenen schwarzen b- und c-Freibauern erwehren. Dass auch dieses Endspiel noch im Gleichgewicht ist, können wohl nur sehr wenige Menschen bereits aus der Stellung von Diagramm 163 heraus sicher abschätzen.

Jedenfalls eine, wie ich finde, sehr interessante Ressource, die hier als Variante in der Stellung verborgen war.



Dima-Muc vs Augsburgerfrank

Holländische Verteidigung - Schwarz hat sich nach üblichen Mustern aufgebaut und eine Art Standardstellung im Holländer erreicht:

Diagramm_165

Weiß hatte soeben mit 21.a5 den Bauernhebel a5/b6 angesetzt. Offenbar aus der Angst heraus, dass nach dem Bauerntausch ein weißer Turm lästig auf a7 auftauchen könnte, tat Schwarz hier mit dem Zug 21...bxa5?! einen auf lange Sicht Partie entscheidenden Fehlgriff. Besser wäre gewesen, mittels 21...c5 sofort für Gegenspiel im Zentrum zu sorgen. In der Partie folgte nach 21...bxa5? 22.Txa5 a6 23. c5 (mauert den Lb7 endgültig ein) 24.Tca1 Ta8, wonach die Stellung von Diagramm 166 erreicht war:

 
 Diagramm_166

Das Ende ist schnell erzählt (oder, um es mit Eckhardts Worten zu sagen: Der Rest war für Dima nur noch technische Abwicklung). Weiß brachte systematisch einfach alles, was er hatte, gegen den Punkt a6 in Stellung, bis der Bauer fiel: Es wurde der Lg2 nach f1 gebracht, die Dame nach a2, und der Se5 über d3 nach b4 umgruppiert, so dass schließlich sage und schreibe fünf (!) Figuren den Punkt a6 unter Feuer nahmen; nebenher wurde jegliches Gegenspiel mit f2-f4 verhindert. Man sehe:

Diagramm_167 (Stellung nach 29...Tf7)

Schwarz klammert sich mit vier Figuren an den Bauern a6, aber am Ende ist der neuralgische Punkt nicht mehr zu halten und es kommt zum Generalabtausch in ein Turmendspiel mit Mehrbauer für Weiß, das Dima schließlich zum Sieg verdichten kann.



juniorfrank vs Goergmann

Hier spielten die Kontrahenten den Aufbau des Londoner Systems, in dem eigentlich nicht viel los sein sollte, doch leider griff Weiß erstmals schon im 7. Zug fehl:

 
 Diagramm_168

Hier entschied sich juniorfrank zu dem Zug 7.c4, was einerseits nach dem vorherigen c2-c3 ein klarer Tempoverlust ist, und andererseits auch die Kontrolle über b4 aufgibt. Besser war stattdessen z.B. das programmgemäße 7.h4, um den für das London-System typischen Angriff am Königsflügel vorzubereiten und dem Lf4 ein Rückzugsfeld zu sichern.

Es folgte 7...cxd4 8.exd4 Lb4+ 9.Sbd2 Sxd4 10.Sxd4 Dxd4, wonach erstmal ein Bauer weg war:

Diagramm_169

Dennoch wäre der Schaden noch halbwegs in Grenzen zu halten gewesen, hätte juniorfrank hier nun zu dem nahe liegenden Zug 11.Le3 gegriffen. Leider verfiel er jedoch auf die Idee 11.a3?, und das hält seine unterentwickelte Stellung nun definitiv nicht mehr aus. Nach 12.Lxd2+ Lxd2 13.Se4 übersah Weiß dann einfach das auf f2 drohende Matt, welches ihn nach dem groben Schnitzer 13...cxd5?? 14.Dxf2# auch sogleich ereilte.



holgerbaehren vs Haraldowitsch

Zur Aufführung kommt ein Geschlossener Sizilianer Marke Eigenbau:

Diagramm_170

Nach 5...d5 opferte Weiß hier mit 6.e5? Sxe5 einen Bauern ohne ersichtlichen Grund und auch ohne erkennbare Kompensation. Das Spiel plätscherte danach weiter vor sich hin, bis zum spielentscheidenden Materialverlust, der sich in der folgenden Stellung ereignete:

 
 Diagramm_171

Schwarz hatte soeben 18...Sc6-d4 gezogen, wonach die weiße Dame weichen muss und dabei nicht länger die Kontrolle über den Punkt c2 aufrecht erhalten kann. Nach 19.Da2 Sxc2 gewann Haraldowitsch weiteres Material, so dass er kein Problem hatte, den Vorteil später in einen ganzen Zähler umzumünzen.



Karpof43 vs Thomas051974

Die Eröffnung war hier ein altmodisches Italienisch, Giuoco pianissimo; wir betrachten hier die Stellung nach 5...d6:

 
 Diagramm_172

Beide entwickelten sich, und es geschah längere Zeit nichts Entscheidendes, bis sich die Spieler nach 18...Sg6 in folgender Stellung wiederfanden:

Diagramm_173


Hier geschah nun Merkwürdiges: Karpof43 unterlag offenbar irgendeiner Halluzination und spielte jetzt 19.Lxf7+??, womit er nach 19...Dxf7 20.Dxf7 Kxf7 einfach eine Figur ins Geschäft gesteckt hatte, ohne dass dafür eine taktische oder strategische Rechtfertigung erkennbar wäre. Im weiteren Partieverlauf gab Schwarz seinen Vorteil nicht mehr aus der Hand und verdichtete ihn, bis Weiß im 44. Zug die Waffen strecken musste.



Kiwrin vs FelixStelter

An diesem Brett kam eine als sehr harmlos geltende, seltene Nebenvariante der Französischen Verteidigung aufs Brett: 1.e4 e6 2.e5, vergleiche Diagramm 174:

 
 Diagramm_174

Hauptfortsetzung der Eröffnungstheorie ist anstelle von 2.e5?! selbstverständlich 2.d4, was sowohl naheliegend als auch stark und plausibel ist. Ein Vorzug der gewählten Nebenvariante mag allenfalls sein, einen unvorbereiteten Französisch-Spieler damit aus dem Konzept bringen zu können. Jedoch: Auch der erste Weltmeister der Schachgeschichte, Wilhelm Steinitz, hatte bereits in der Schach-Urzeit in seinem Match gegen Zukertort mit diesem seltsamen Zug experimentiert.

Als beste Antworten für Schwarz gelten 2...c5 (schon von Euwe in Theorie der Schacheröffnungen angegeben), z.B. mit der möglichen weiteren Zugfolge 3.f4 Sc6 4.Sf3 d6 und Schwarz steht gut, oder aber das von GM Emanuel Berg empfohlene 2...d6 3.exd6 Lxd6 usw. (vgl. das dreibändige Werk The French Defence, Berg 2015).

In der vorliegenden Partie ignorierte Schwarz beide Empfehlungen und setzte stattdessen mit 2...d5 3.f4 c5 4.Sf3 d4?! fort. Erfahrungsgemäß kann der schwarze Vorposten  d4 nicht dauerhaft günstig gehalten werden, so dass von dieser Spielweise eher abzuraten ist. Nach einigen weiteren Zügen stand die Stellung aus Diagramm 175 auf dem Brett:

Diagramm_175

Weiß hat soeben 10.Se4 gezogen. Es ist durchaus amüsant zu beobachten, wie beide Spieler mit ihren jeweiligen Zentralspringern die schwachen Punkte e3 bzw. d6 im gegnerischen Lager beäugen, wobei es eindeutig Kiwrin ist, der hier zuerst daraus Kapital schlagen kann: Da neben dem Bauerngewinn 11.Sxc5 auch das vielleicht sogar noch lästigere 11.Sd6+ droht, entschloss sich Schwarz an dieser Stelle, mit 10...0-0 lieber den Bc5 herzugeben. Unklar ist mir aber, wieso Weiß diesen Bauern jetzt nicht sofort schlug, sondern nach 10...0-0 zunächst noch die Zugfolge 11.De2 Ld7 12.Ld2 b5 einstreute, bevor er mit 13.Sxc5 schließlich doch zugriff.

 
 Diagramm_176

Ab hier, und noch etliche weitere Züge lang, stand Weiß danach in dieser Partie klar besser. Die entscheidende Wende ereignete sich nach dem 17. Zug von Schwarz in dieser Stellung:

 
 Diagramm_177

Soeben hatte Schwarz 17...Sc6-e7 gezogen, wonach Stockfish die Position mit +2.39 zugunsten von Weiß bewertet. Diese Einschätzung fällt jedoch nach der von Weiß nun gewählten Fortsetzung 18.g4? dramatisch auf -1.00. Dabei ist der Zug g3-g4 völlig plausibel, um dem schwarzen Se7 den Zutritt zum Feld f5 zu verwehren. Dies scheitert aber leider an der nun folgenden Unterminierung des Sd6: Auf 18.g4? folgte 18...f6! 19.Se4 f5 20.gxf5 Txf5, wonach sich das Blatt gewendet hatte und plötzlich Schwarz in die Vorhand kam - der Bf4 ist nicht mehr zu halten. Nach ein paar weiteren Zügen fand diese Begegnung sogar ein recht abruptes Ende:

 
 Diagramm_178

Schwarz, wie ersichtlich inzwischen selbst in großem Vorteil, hatte hier gerade 23...h5 gezogen, was Weiß nolens volens mit 24.Df3 hätte beantworten müssen. Nach dem tatsächlich gespielten Kurzschluss 24.Dd1?? folgte nämlich das ästhetische Blitzmatt 24...Sh3#.



Schlumpf88 vs lodjuschka

Zwischen dem Turnierfavoriten und mir war aus der geschlossenen Tarrasch-Variante der Französischen Verteidigung heraus bald ein gewaltiges, brettumfassendes Ringen entstanden:

Diagramm_179

Nach 15.De1 war erst ein Bauernpaar getauscht, der Aufmarsch beider Armeen aber schon weit fortgeschritten. Weiß schickt sich an, entweder mit einem gut getimeten f4-f5 meinem König auf die Pelle zu rücken, oder aber mit den Schwerfiguren nach einem vorbereitenden Kg1-g2 über die h-Linie ins schwarze Lager einzusickern. Schwarz wiederum hat die Krallen unverkennbar nach dem Damenflügel hin ausgestreckt und will ebendort Fortschritte erzielen. Meinen König beließ ich dabei aufreizend lange in der Mitte. Dort steht er zwar sicher genug, solange das Zentrum geschlossen bleibt - doch wehe, wenn es aufgerissen wird...

In der Diagrammstellung liegen Stockfishs Sympathien mit -1.21 noch bei Schwarz, doch möchte das Rechenbiest an dieser Stelle nun lieber die konsequente Fortsetzung 15...b4 sehen, anstelle des von mir gewählten 15...cxd4 16.cxd4 b4. Nachdem mein schlechter Franzosenläufer so endlich zum Leben erwacht war, entzog Schlumpf88 nach längerem Nachdenken dessen direkten Gegenspieler mit 17.Lb1 dem Abtausch, um sich die Option auf den skizzierten Plan mit f4-f5 zu bewahren. Stockfish jedoch hätte gegen die Folge 17.Lxa6 Dxa6 18.Sg3 durchaus nichts einzuwenden gehabt und gibt danach mit +0.85 Weiß den Vorzug. - Doch all dies sind nur marginale Plänkeleien verglichen mit der wilden Rauferei, die sich wenige Züge später entwickeln sollte.

Nach 17.Lb1 Le7 setzte Schlumpf88 mit 18.Tf2 fort, wonach wir die Stellung von Diagramm_180 erreicht haben:

Diagramm_180

Wer sich verwundert fragt, wieso Weiß denn hier nicht einfach nassforsch sogleich mit 20.f5? fortgesetzt hatte, der sei auf den taktischen Gegenschlag 20...gxf5 21.gxf5 Sdxe5! hingewiesen (vgl. Diagramm 181):

 
 Diagramm_181 (Variante)

Die ungedeckte Stellung des Le3 verhindert 22.dxe5 - dieses Motiv ist auch bei den folgenden Zügen zu beachten.

Aus der Stellung von Diagramm 180 heraus folgte 18...Lh4 19.Sxh4 Txh4 20.Tg2, woraufhin ich nun mit dem spektakulären, aber schlechten Zug 20...Scxe5?? das Brecheisen ansetzte:

Diagramm_182

Wegen der merklich zur Neige gehenden Bedenkzeit hatte ich die Folgen nicht sauber zu Ende kalkulieren können, aber es ist leicht zu sehen, dass 21.Dxh4? nun an 21...Sf3+ gefolgt von Sxh4 scheitern würde. Dasselbe Motiv würde auch nach einmaligem Zwischenschlagen auf f4xe5 weiterhin drohen, während d4xe5 wieder das oben schon erwähnte Dxe3+ zuließe. Ich schätzte das Figurenopfer gegen die weißen Mittelbauern hier als mindestens ausreichend ein, was aber leider nicht korrekt ist. Dabei hätte es anstelle von 20...Scxe5?? tatsächlich einen Zug gegeben, der Schwarz wieder in die Vorhand gebracht hätte, nämlich 20...g5! Auch diesen Zug hatte ich im Geiste sogar kurz angerissen, dann aber zugunsten des vermeintlichen Hammerzugs 20...Scxe5 wieder verworfen.

Es folgte 21.fxe5 Sxe5 22.Df2 (deckt den Le3 und nimmt Sf3+ aus der Stellung, allerdings wäre 22.Dg3 hierzu genauer gewesen). Weiß konnte den überhasteten Angriff erst einmal abweisen und behielt eine Figur für zwei Bauern. Auch die folgende Spielphase war durchaus spannend und mit Fehlern von beiden Seiten garniert, aber wir spulen nun ein ganzes Stück weit vorwärts bis zur Stellung nach 44...Dg4+:

 
 Diagramm_183

Irgendwie hatte ich es geschafft, mich noch in dieses Endspiel zu retten, wo beide Könige ziemlich offen stehen. Die Uhr zählte allerdings schon unerbittlich meine letzten 30 Sekunden herunter, und wir spielten ja ohne Zeitzuschlag! Nach der weißen Antwort 45.Sg2 warf ich deshalb a tempo die Mattdrohung 45...f3?? aufs Brett, in der Hoffnung, Weiß werde schon nicht mehr als ein Dauerschach haben - doch leider hatte er mit 46.Db7# sogar ein Matt in 1 (und gab es auch).

Dabei hätte ich anstelle von 45...f3?? durch 46.Dd1+ mit meinem Dame-Springer-Gespann sogar ein relativ einfaches Dauerschach in petto gehabt - tja, beim Spielen mit Inkrement hätte ich diesen Strohhalm wahrscheinlich noch zu greifen bekommen. Aber immerhin war es eine tolle Kampfpartie, in der ich meinen favorisierten Gegner dazu zwingen konnte, sich den Punkt hart zu erarbeiten.



Chris545T vs daersc

Partien mit weniger als 20 Zügen bezeichnet man gemeinhin als Miniaturen, und eine solche haben wir hier vor uns: Weiß begann ziemlich verhalten mit einer Art Königsindisch im Anzug, und nach 5...Sf6 fanden sich die Kontrahenten in dieser Stellung wieder:

Diagramm_184

Weiß am Zug hätte hier das in verschiedenen Eröffnungen vorkommende Scheinopfer 6.Sxe5 bringen können, um sich nach 6...Sxe5 die Figur mit der Bauerngabel 7.d4 zurück zu holen. Die Stellung wäre danach wohl etwas angenehmer für Weiß zu spielen, aber noch wäre nichts Entscheidendes passiert. Doch nach einigen weiteren Zügen geriet die Partie aus dem Gleichgewicht:

Diagramm_185

Schwarz hatte soeben 10...Sf6-g4 gezogen und damit den Punkt f2 dreimal angegriffen. Die naheliegende Erwiderung 11.e3 parierte diese Drohung und stellte zugleich eine Gegendrohung auf, die daersc jedoch leider übersah, so dass er nach 11...dxc4?? 12.Dxg4 eine Leichtfigur einbüßte. Nachdem ihm einige Züge später auch noch eine Springergabel entging, warf er entmutigt das Handtuch:

 
 Diagramm_186

Schlussstellung nach 17.Sd2-e4 - Schwarz gibt auf.



jessuz vs checkmatemate95

Eine weitere Erstrundenpartie, in welcher der klare Favorit schwer für den vollen Punkt arbeiten musste, war diese hier zwischen jessuz und checkmatemate95. Allerdings verlief die Anfangsphase zunächst wie ein Spiel auf ein Tor - aus der selten gespielten Ponziani-Eröffnung heraus quetschte jessuz seinen Gegner binnen 10 Zügen mit spielerisch wirkender Leichtigkeit an die Wand:

Diagramm_187

Weiß am Zug setzte hier mit dem Zug 11.d6 nach und schnürte damit die schwarze Stellung derart ein, dass man hätte glauben mögen, sie würde nun in wenigen Zügen vollends kollabieren. Stockfish bewertet die Diagrammstellung auch durchaus mit +3.90. Einige Züge später, nach 17.Tfe1, hatte Weiß unter Opfer des Bauern b2 seine Stellung in Ruhe sogar noch weiter verstärkt, während für Schwarz das Figurenknäuel am Damenflügel kaum sinnvoll zu entwirren war.

 
 Diagramm_188

Checkmatemate95 entschloss sich daher hier, mit 17...Te6 die Qualität zu geben - und schaffte es damit tatsächlich, sich in der Folge allmählich wieder in die Partie zurück zu kämpfen. Etliche Züge später, nach 31.Tge3, stand diese Stellung auf dem Brett:


Diagramm_189

Die Engine sieht diese Position bereits wieder in völligem dynamischem Gleichgewicht (0.00), und tatsächlich konnte Schwarz das Spiel ab hier auch sehr lange ausgeglichen halten und es sogar in dieses klar remisliche Turmendspiel überführen:


 Diagramm_190


Stellung nach 58...Td4 - unglaublich aber wahr: Alles ist wieder völlig im Gleichgewicht, die Partie sollte remis enden.

Doch beide Spieler blitzten die Partie in wildem Zeitnotgefecht zu Ende (Restbedenkzeiten ab hier: Weiß 14 Sekunden, Schwarz 11 Sekunden, kein Inkrement). In dem wilden Gehacke unterliefen beiden Spielern noch einige grobe Schnitzer, bevor bei Schwarz schließlich im 70. Zug die Klappe fiel. Weiß hatte im Moment des Sieges auch nur noch 4,3 Sekunden übrig...

Angesichts eines solchen Partieausgangs zweifle ich meine eigene Vorgabe, das Turnier in einem Modus ohne Zeitzuschlag spielen zu lassen, inzwischen  stark an. Solche Remis-Endspiele sollten nicht in einem hektischen, schach-unwürdigem Gehacke praktisch wie durch Münzwurf entschieden werden, oder dadurch, wer über das bessere manuelle Geschick im Schnellziehen verfügt. - Sollte also auch die nächste Klubmeisterschaft noch einmal online ausgetragen werden müssen, so wird es definitiv in einem Modus mit Inkrement sein.



Autor dieser Meldung:Lothar Weimer
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Kommentare zu dieser Meldung:

Name und ZeitpunktKommentar
AndreasK schrieb am 18.04.2021 gegen 19:18 Uhr Na das ist doch mal ein Service - da kann man sich die Eigen-Analyse sparen, Danke!
Eckhardt schrieb am 18.04.2021 gegen 20:02 Uhr Super, danke für die Auf- und Nachbereitung!
ThomasReis schrieb am 18.04.2021 gegen 23:41 Uhr Dankeschön, Lothar. Ich freue mich auch richtig darüber, dass wir so viele Teilnehmer mitspielen und die Chance des Online-Trainings
mit Vereinskollegen nutzen.
Lucky schrieb am 19.04.2021 gegen 10:09 Uhr Super, da fühlt man sich wie in der ersten Reihe!
Gabriel schrieb am 21.04.2021 gegen 12:14 Uhr Sehr schöne Nachbereitung der Partien, da macht das Turnier umso mehr Spaß.
ExVicePresident schrieb am 21.04.2021 gegen 12:14 Uhr Sehr gut kommentiert Lothar. Wenn es bei der FIDE in Zukunft einen Lehrgang als FIDE Certified Commentator gibt, dann melde ich Dich hierfür an!
Lothar schrieb am 21.04.2021 gegen 13:07 Uhr Aaaah, neeiin, nicht noch einen Lehrgang, bitte!


Der vorliegende Bericht ist älter als ein Jahr und kann daher nicht mehr mit Kommentaren versehen werden!
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